Dortmunder Manndeckung und Physis holen den Titel

Bei den A-Junioren trafen mit dem BVB und der TSG Hoffenheim zwei der Spitzenteams des deutschen Nachwuchsfußballs im Finale um die Meisterschaft aufeinander. Als Favorit galten die Dortmunder, welche mit den Jahrgängen 1997/98 zuletzt sehr erfolgreich waren und sich in den vorangegangenen beiden Jahren die U17-Meisterschaft sichern konnten. Mit Passlack und Pulisic debütierten zwei Spieler der Mannschaft schon in der Bundesliga.

Die Hoffenheimer wiederum erreichten bereits im Vorjahr das Finale der U19, verloren dort aber unglücklich gegen die Schalker von Norbert Elgert.

Die Halbfinals in der Kurzfassung

Auf dem Weg ins Finale setze sich Hannes Wolfs Team im Halbfinale gegen 1860 München durch, ohne wirklich zu überzeugen. Das Hinspiel verlor man zuhause mit 2:1, wobei man sich recht ideenlos in der Offensive präsentierte. Im Rückspiel stellte man taktisch um und ersetzte das gewohnte 4231 durch ein relativ wildes 3232-haftes System, in dem man im Vergleich zum 4231 gefühlt nur den Rechtsverteidiger herausnahm, um die Offensivpräsenz zu erhöhen. Defensiv arbeitete man dafür mit recht vielen Mannorientierungen. Da die Löwen ihrerseits nicht wirklich spielerische Ideen und klare Ballbesitzstrukturen besaßen, ging dieser recht riskante und instabile Plan jedoch auf. Offensiv zeigte man sich nicht großartig verbessert, sondern agierte eher linear und simpel und schaffte es primär über die große Offensivpräsenz die Tore zu erzwingen.

Die Hoffenheimer zeigten einen souveränen Auftritt im Halbfinale und schlugen die mit den sehr talentierten Johannes Eggestein und Niklas Schmidt angetretenen Bremer mit 3:1 und 2:0.

Die Grundausrichtungen

BVBU19-HoffeU19

Die Aufstellungen

Wie bereits im Rückspiel gegen 1860 agierte der BVB wieder mit einer 3er-Kette, die relativ unorthodox gespielt wurde. Anstatt vornehmlich positionsorientiert zu agieren und immer wieder 5er-Ketten mit den Wingbacks zu bilden, spielten die Dortmunder einfach extrem mannorientiert in der letzen Linie: Dadurch kam es immer wieder zu kuriosen Positionswechseln in der Abwehrkette. Die so durch Heraus- und Vorrücken entstandenen Lücken wurden in tieferen Zonen durch Zurückfallen der Mittelfeldspieler sehr situativ und spontan gefüllt. Im höheren Pressing und Mittelfeldpressing agierten die Dortmunder oft ganz klar Mann-gegen-Mann. Durch dieses Defensivverhalten entstanden immer wieder krasse Unkompaktheiten auf Seite des BVB.

Die Hoffenheimer spielten ihrerseits in einer Raute: Hierbei wurde der unter Julian Nagelsmann bereits bundesligaerprobte Philipp Ochs als nomineller 10er aufgeboten. Defensiv agierte 1899 die meiste Zeit im 433-Mittelfeldpressing, wobei die Außen sich relativ breit positionierten. Phasenweise presste man auch höher im 433, hierbei verfolgten die eigenen 8er die Dortmunder 6er Burnic und Dietz ebenfalls recht mannorientiert

Hoffenheim ohne Konter- und Spielkontrolle

Die Dortmunder gingen bereits nach wenigen Minuten in Führung. Passlack sammelte im Zehnerraum einen losen Ball auf und zog unter Nutzung seiner Dynamik am Gegenspieler vorbei in den Strafraum, wo er auf Arweiler querlegte, der nur noch einschieben musste. Im Folgenden entwickelte sich eine sehr wilde Partie, in der Dortmund vermehrt recht simple Konter oder Schnellangriffe fahren konnte. Angeführt vom oft vorne zockenden Athleten Passlack brachten die Dortmunder ihre körperliche Überlegenheit immer wieder ein, um weiträumige Pässe sowue Befreiungsschläge festzumachen und mit einfachen Mitteln sehr gefährliche Chancen zu kreieren.

Dagegen fand Hoffenheim eigentlich das gesamte Spiel über kein Mittel. Wirklich strukturierte Zirkulationsangriffe gab es von beiden Seiten kaum zu sehen. Gegen die Dortmunder Manndeckungen im Verbund mit der körperlichen Überlegenheit des BVB bekam insbesondere Hoffenheim kaum mal einen ruhigen Angriff bis ins letzte Drittel gefahren. Zusätzlich war das Pressing weder wirklich aggressiv noch intensiv genug, wodurch die Hoffenheimer nur wenige strategisch wertvolle Ballgewinne verzeichnen konnten und nicht genug Ballbesitz bekamen, um eventuell das Spiel etwas zu beruhigen und den Dortmundern die Rhytmusdominanz streitig zu machen. Zusätzlich zeigte man im Aufbau zu wenige Verbindungen ins Mittelfeld und einen starken Fokus auf die letzte Linie, was zwar teils zu sehr schlechten Dortmunder Defensivstaffelungen führte, aber natürlich auch nicht zu gelungenen Angriffen der TSG. Aus einer solchen sehr flachen und mannorientierten Staffelung, bei der zusätzlich noch Serra, Passlack und Arweiler vorne zockten, fiel dann auch der zwischenseitliche Ausgleich. Geiger hatte nach einem Einwurf sehr viel Platz im Rückraum bekommen.

BVB-Hoffe Staffelung 28

Eine Spielsituation aus der Hölle: Manndeckung und Unkompaktheit vs. Verbindungsmangel und Fokus auf die letze Linie. Schwer zu sagen wer hier schlechter ist, aber beide vereint in ihrer offensichtlichen Ignoranz gegenüber dem Zentrum.

Die Borussen gestalteten das Spiel recht direkt und weiträumig, wenn sie aus der Zirkulation unter den Abwehrspielern herausspielten. Situativ kippte auch einer der 6er zusätzlich in die Abwehrreihe ab, was aber eigentlich keine wirklichen Auswirkungen hatte. Bemerkenswert war, dass die drei Verteidiger im Aufbau immer wieder die Positionen innerhalb der 3er-Kette durchtauschten.

Wenn man mal gegen organisiertere Hoffenheimer ins letzte Drittel eindrang, zeigten sich teils gute Kombinationen. Besonders Larsen auf Rechts fiel von der Seitenlinie aus durch eine rationale und gestaltendee Entscheidungsfindung auf und initiierte Kombinationen mit dem ausweichenden Passlack.

Beim Stand von 4:2 stellte die TSG dann auf 3421 um, womit es gelang etwas mehr Kontrolle zu gewinnen und bessere Staffelungen zu generieren. Nach einem absurd schlecht abgesicherten Angriff, bei dem neun Hoffenheimer am gegnerischen Strafraum herumliefen, fing man sich aber den entscheidenden Konter über Passlack und Serra zum 5:2.

Fazit

Insgesamt lässt sich wohl festhalten, dass Hannes Wolf es geschafft hat die Stärken seiner Mannschaft gegen Hoffenheim sehr gut zu fokussieren. Die Schwächen der gewählten Taktik konnte Hoffenheim hingegen nicht konstant genug aufdecken. Der Athletik und Durchschlagskraft der Dortmunder hatte Hoffenheim defensiv wenig entgegenzusetzen. Interessant wird in den nächsten Jahren zu beobachten sein, wie sich die Talente des BVB im Seniorenbereich schlagen, wo sie körperlich nicht mehr so überlegen sein werden. Besonders Passlack zeigte sich in diesem Spiel in einer Rolle, die er bei Thomas Tuchel bislang nicht einnehmen durfte bzw. die es in dieser Form bisher im System des BVB auch nicht gibt. Für das 3142-/532-System des BVB bringt er aber viele Fähigkeiten mit, die ihn zu einem sehr guten Wingback machen könnten. Hier würde er nicht so fokussiert werden wie in der U19, was ihm in hochklassigen Profifußball aber zu Gute kommen sollte. Bei den anderen Dortmunder Spielern wirkt es momentan noch schwierig zu sagen ob sie gut genug für die Profis werden können. Am ehesten scheint hierfür wohl Larsen in Betracht, der eine starke Partie bestritt.

Über Nils Poker

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