Die Nachricht, dass Jürgen Klopp der neue Liverpool Trainer wird, beherrschte in den letzten Wochen die Medien. Wir werfen daher nun einen Blick auf die ersten vier Spiele unter Klopp und ziehen ein Fazit.
Strukturierte und konstante Durchschlagskraft als Hauptproblem
3 Tore in 4 Spielen ist relativ wenig und genau hier liegt auch das größte Problem. (Zum Bournemouth Spiel kommen wir später und werden es aus diesem Abschnitt erstmal rauslassen, da der taktische Ansatz etwas verändert war und deshalb in diesem Kontext nicht wirklich aussagekräftig ist.)
Schauen wir uns noch weitere Statistiken an, finden wir weitere Indizien für die schlechte Durchschlagskraft von Liverpool.
In der Premier League konnte man erst zwei Schüsse von innerhalb des Strafraums aufs Tor bringen. Die Zahl der gesamten Schüsse unter Klopp liegt aber bei 62. Dies zeigt wiederum, dass man nicht in die gefährlichen Zonen kommt, sondern eher aus der zweiten Reihe abschließt, weil es keine bessere Lösung gibt. Mit dieser Problematik werden wir uns im ersten Abschnitt des Artikels beschäftigen. Die Anzahl der Pässe, die Chancen in der Box erzeugen, ist im Vergleich zu den 62 Schüssen ebenfalls verschwindend gering.

Hier sieht man, dass es gegen Tottenham sogar nur einen einzigen Pass in den Strafraum gab, der eine Chance kreierte.
Gegen Southampton sah das ganze zwar schon besser aus, war aber immer noch nicht gut.
Das Hauptproblem ist also, dass die offensiven Staffelungen noch nicht gut genug sind. Aber auch die Bewegung der Spieler im Ballbesitz ist noch nicht ideal und zu selten kommt Liverpool deshalb in schnelle und durchbrechende gruppentaktische Abläufe. Viel eher wirkt das Offensivspiel improvisiert und es gibt nur einzelne kleinere paartaktische Abläufe, die dann aber mit keiner guten Folgeaktion verknüpft werden und in blinden Flanken oder Ballverlusten enden. Das Spiel wirkt noch zu oft in einzelne Teilbereichen isoliert und es gelingt selten die Dynamik aufrechtzuerhalten. Das Aufbauspiel ist schon gut strukturiert und meistens gelingt es den Ball sauber ins letzte Drittel zu tragen. Die Innenverteidiger fächern entweder breit auf und der Ball wird über sie nach vorne gespielt oder aber sie bleiben enger und schaffen Raum für ausweichende Bewegungen auf den Flügel. Meistens ist es Milner, der sich hinter Clyne fallen lässt und seine gute Positionsfindung nutzt, um sich in den Schwachstellen der gegnerische Zuordnung zu positionieren und diese durcheinander zu bringen. Gerade gegen das 4-4-2 von Southampton lies er sich immer wieder schlau in den tiefen Halbraum fallen und umspielte so öfters die erste Pressinglinie der Saints.

Die Innenverteidiger stehen relativ eng. Milner driftet nach außen, kann so den Ball an den beiden pressenden Spielern vorbei erhalten. Lucas Leiva postiert sich geschickt zwischen den beiden Stürmern, so müssen die beiden enger stehen und können nicht den Passweg zu Milner zu machen. Als Milner den Ball erhält legt er diesen direkt auf den nun höher stehenden Leiva ab, der nun das Spiel vor sich hat und den Ball in die offenen Räume verteilen kann.
Auf diesem Bild sieht man außerdem gut die Asymmetrie zwischen Milner/Can und Moreno/Clyne. Milner steht breiter, Can besetzt das Zentrum, dadurch bleibt Moreno tiefer und kümmert sich um den Spielaufbau. Clyne kann höher schieben, da Milner seinen Raum besetzt und ihn absichert.
Die beiden Zehner im 4-3-2-1 besetzen die Halbräume und Origi bindet die Innenverteidiger. Situativ lassen sich die Zehner auch fallen. Gerade Coutino driftet gerne mal in Richtung Mittelkreis und stößt die Bewegungen im Spielaufbau an.
In diesem Screenshot sieht die Staffelung sehr vielversprechend aus und im ersten und zweiten Drittel gibt es viele gute Ansätze, aber im letzten Drittel fehlt es an den Synergien und gruppentaktischen Abläufen.
Gerade Lallana hat eine sehr wichtige Rolle, kann dieser aber noch nicht wirklich gerecht werden, was auch an der schlechten Einbindung liegt. Zwar spielt er sehr gut, postiert sich teilweise geschickt in den Schnittstellen und zeigt gute Kombinationen, wenn Milner dynamisch über Lallana diagonal in den Strfarum kombiniert. Allerdings fehlt ihm teilweise das Gefühl für die langfristige Entwicklung des Angriffes. Oft ist er zu vertikal und verliert die Bindung zu Milner. Dies ist aber auch eine schwere Aufgabe, die viel Geschick in der Positionsfindung erfordert, da Milner relativ weit zurückfällt, dann aber nicht wirkliche Impulse im letzten Drittel setzen kann. Hier muss gerade das Timing seiner Bewegung und die Einbindung dieser abkippenden Bewegung ins Gesamtkonstrukt besser geplant werden. Ein typischer Spielzug ist zum Beispiel, dass Milner sich fallen lässt, Clyne breit steht und so die Abwehrkette des Gegners auseinander gezogen wird. Lallana startet dann in die offenen Schnittstellen, kann aber danach nicht zielstrebig und klar in Richtung Tor gehen, da die Bälle zu schwer zu verarbeiten sind und die Staffelung um ihn herum nicht ideal ist. Trotzdem forciert er immer wieder dieses Muster, an statt lieber Räume für den hochstoßenden Sechser frei zuziehen.

Lallana sieht die Lücke und startet in den offenen Raum. Lucas Leiva hatte viel Raum im Zentrum und man hätte den Angriff strukturiert über ihn aufbauen können, allerdings startet Lallana dominant in die Tiefe und fokussiert so den langen Ball, der aber recht unerfolgreich bleibt
Zudem kann er Origi noch nicht wirklich gut integrieren und stellt sich teilweise in seinen Passweg, wenn sich dieser in den Halbraum fallen lässt. Hier muss die Aufgabenteilung gerade vom Movement und dem Effekt im Movement noch besser gegliedert werden. Generell müsste er verstärkt die Anbindung an die linke Seite suchen und in seinem Movement etwas weiträumiger und verbindender werden. Die isolierten Situationen entstehen vor allem über die mangelnde Abstimmung untereinander. Die einzelnen Bewegungen sind noch nicht gut genug abgestimmt. Zu selten laufen sie dynamisch und flüssig ineinander, so dass schnell und zielstrebig über wenige Kontakte kombiniert werden kann. Wenn zum Beispiel Lallana hinter die Kette startet, entsteht Raum, der dann aber selten sinnvoll aufgefüllt wird. Gerade Origis Bewegungen sind noch zu simpel und er könnte präsenter werden und sich stärker in Kombinationen und gruppentaktische Abläufe integrieren. In diesem Aspekt verhält sich Benteke deutlich besser, da dieser präsenter ist und stärker simple gruppentaktische Abläufe forciert. Gerade seine ausweichenden Bewegungen kann er sogar sehr gut einbringen und seine Ablagen, webt er gut in den Spielrhythmus ein. Auf dem linken Flügel sind die Rollen leicht anders verteilt, hier übernimmt Can eher den zuarbeitenden Spieler und Coutinho driftet im letzten Drittel freier umher und lässt sich fallen, um das Spiel anzutreiben. Doch auch hier entstehen ähnliche Probleme, so ist der linke Flügel wieder zu stark isoliert. Lallana, Milner und Co schieben zu selten ins Zentrum, so dass die horizontale Anbindung ebenfalls nicht so gut ist und dynamische Verlagerungen eher selten sind. Dies liegt vor allem daran, dass sie einen sehr weiten Weg haben, da Milner sich meistens fallen lässt und Lallana oft sehr weit nach rechts verschoben steht. Insofern ist es auch schwer konstant die horizontale Bindung herzustellen.

Moreno steht breit, Can steht sehr tief und Coutinho hat sich den Ball außerhalb der gegnerischen Formation abgeholt. Das Zentrum ist nicht besetzt. Lallana und Origi schieben nicht nach und man kann kaum in die gegnerische Formation eindringe. Das Spiel ist am Flügel isoliert.
Zudem ist Can in seiner Entscheidugnsfindung nicht so gut und eher rustikaler und simpler. Oft startet er Läufe vom Zentrum nach außen, ohne diese sinnvoll zu verknüpfen, dadurch verliert das Zentrum an Präsenz und das Spiel wird an den Flügeln isoliert.

Can driftet in den offen Raum, anstatt im Halbraum zu bleiben. Moreno spielt ihn nun entlang der Linie an und das Spiel ist komplett am Flügel isoliert. Die anderen Spieler schieben nicht nach und das Zentrum ist nicht besetzt.
Außerdem ist er nicht so kombinativ wie Lallana, sondern generell unkreativer und etwas hektischer in der Entscheidungsfindung. Hier passt seine Einbindung noch nicht wirklich. Man müsste ihn vielleicht tiefer einbinden, dann könnte er die Bälle verteilen oder Coutinho im Halbraum anspielen. Momentan agiert er noch in einer hohen unterstützenden Rolle und muss viel Raum bearbeiten und sich sehr geschickt positionieren, damit der Angriff erfolgreich aufgezogen werden kann.
Zum Abschluss noch ein paar Spielszenen, die das Problem gut zeigen, aber auch die guten Ansätze veranschaulichen.
In diesem Video sieht man die schlechten Staffelungen. Moreno bekommt am Flügel den Ball, daraufhin geht Coutinho nach außen, um eine Kombination zu starten, die sie auch ganz gut durchbringen. Aber die Folgeaktion ist kaum möglich, da alle Spieler hinter dem Ball sind und das Zentrum komplett unterbesetzt ist. Moreno verliert den Ball und auch das Gegenpressing gestaltet sich äußerst schwierig.
Im zweiten Video sieht man einen guten dynamischen Angriff, in dem die einzelnen Bewegungen geschickt ineinander greifen und der freigezogene Raum sinnvoll genutzt werden kann.
Lallana, Milner und Clyne kreiseln am Flügel entland, ehe Lallana nach vorne hinter die Kette sprintet. Milner lässt sich fallen und geht in den vorherigen Raum von Lallana. Dadurch zieht er Betrand aus der Kette und öffnet die Lücke für den Pass von Coutinho. Coutinho schiebt gut in den freien Raum, steckt direkt auf Lallana durch, der auf den nachschiebenden Milner ablegt.
Könnte man solche Szenen konstanter und sauberer Abrufen, wäre Liverpool im letzten Drittel um einiges gefährlicher und man hätte nicht so starke Probleme mit der Durchschlagskraft.
Gegenpressing als Folgeproblematik
Die teilweise schlechte Staffelungen haben natürlich auch Auswirkungen auf das Gegenpressing. Zwar hat Liverpool immer eine hohe lokale Anzahl an Spielern um den Ball, diese sind aber nicht ideal positioniert, wie man an den Beispielen oben sieht, und deshalb ist auch das Gegenpressing noch nicht so druckvoll und effektiv. Zwar haben die Spieler schon verstanden, dass sie nach dem Ballverlust direkt pressen müssen, können aber aufgrund der schlechten Staffelungen nicht von allen Seiten und strukturiert Druck machen. Wegen dieser Problematik kommt es häufiger vor, dass der Gegner den Ball noch verarbeiten kann und dann zwar nicht gezielt Kontern kann, aber der Ball auch nicht direkt erobert werden kann. Oft schlägt der Gegner nach wenigen Pässen den Ball lang auf den Stürmer, der aber gegen die Innenverteidiger den Ball verliert. Dies ist zwar ebenfalls effektiv und erklärt die hohen Ballbesitzwerte, aber das Gegenpressing fungiert noch nicht als Spielmacher, da das chaotische Moment in der Zuordnung des Gegners nicht ausgenutzt werden kann und man wieder von vorne aufbauen muss.

Man sieht gut, wie schlecht die ballnahe Staffelung ist. In der Szene verliert Coutinho den Ball und es kann nicht direkt gepresst werden. Southampton kann die Situation über mehrere freie Spieler auflösen.
In dem folgenden Bild kann man nochmal gut beide Problematiken sehen und erkennen, wie diese aufeinander aufbauen. Coutinho bekommt den Ball in eine komplett isolierte Dynamik und kann nicht direkt weiterspielen ohne viele Meter zu laufen. Außerdem ist er von den Spielern von Southampton umstellt, die ihn direkt pressen können. Wenn Coutinho nun in ein riskantes Dribbling geht, was zum Beispiel als Auslöser fürs Gegenpressing genutzt werden könnte, hat Liverpool wegen der schlechten Staffelung kaum Chancen auf den Ball.
Dies zeigte also, dass die mangelnden Verbindung im letzten Drittel nicht nur zu wenigen guten Chancen führen, sondern außerdem das Gegenpressing nicht so effektiv machen.
Probleme im kollektiven Zugriffsmoment
Klopps Pressing ist zwar eine klare Verbesserung zu dem in den letzten Spielen von Rodgers, aber trotzdem gibt es auch hier noch einige Probleme. Das 4-3-2-1 hat viele Vorteile, da die Anordnung in der Grundformation schon relativ viele leitende Aspekte erzeugt. Diese nutzt Liverpool auch schon ganz gut und die Ansätze waren sogar sehr vielversprechend. Gegen Tottenham rückten Coutinho oder Lallana gut raus und lenkten das Spiel so nach außen, der freie Zehner schob dann nach und konnte so das Spiel stark am Flügel isolieren. Dies war sehr effektiv, aber allerdings sehr viel Laufaufwand und somit verlor es über die Spieldauer an Intensität.
Pressingfalle @LFC. 4-3-2-1. Aufbauspiel wird auf die Flügel gelenkt und dort gut isoliert. #TOTLIV #videoanalyse pic.twitter.com/PCWLyFF9vx
— Konzeptfussball (@Konzeptfussbal1) 17. Oktober 2015
Gegen Kazan spielte man dann ein ähnliche Pressing, wobei es etwas positionsgetreuer und auf gute Art simpler in der Umsetzung war. Generell liegt das Problem auch nicht am Pressingsystem oder der Art, wie gepresst wird, sondern es ist eher ein individuelles Problem der Spieler, welches aber durch geeignetes Training geändert werden kann. Die Spieler pressen noch zu isoliert voneinander und die einzelnen Bewegungen ergänzen sich nicht. Teilweise rückt dann ein Spieler raus, die anderen schieben aber nicht nach, oder umstellen den Gegner nur, anstatt in aggressiv anzulaufen und den Impuls des anlaufenden Spielers zu nutzen um zusätzlichen Druck zu machen. Der Zugriffsmoment wird nicht immer ideal ausgeführt und wird noch zu individuelle ausgelöst. Hier müsste man vor allem Kollektivierung abgestimmter unter einander sein.
Dies führt zwar ebenfalls zu Ballgewinnen, da die Pressingstaffelungen immer noch sehr effektiv sind und das Spiel des Gegners gut gelenkt wird.
Gegen diese Problematik kann man im Training vorgehen, in dem man Spielformen entwickelt, die gezielt den kollektiven Zugriffmoment üben.
Dazu kommen zwar noch einige kleine Fehler, wie schlechte Positionierung oder schlechte Deckungsschattennutzung der Spieler. Dies kann man aber noch leichter durch richtige Schulung ausbessern.

In dieser Szene sieht man gut, wie passiv Liverpool ist. Sie stehen um den Ball und haben das Spiel gut gelenkt, aber schieben jetzt nicht kollektiv nach und gewinnen den Ball. Origi steht zum Beispiel immer noch zwischen den Innenverteidigern, anstatt auf die Staffelung zu schieben und so die Passoptionen nach hinten zu versperren. So kann Cedric die Situation immer noch über einen Pass zum rechten Innenverteidiger auflösen. Wenn Origi diesen in den Deckungsschatten nimmt und gleichzeitig anläuft, hat Cedric stärkeren Druck und wenigere Optionen. Der linke Innenverteidiger ist schwerer zu erreichen und ein Pass wäre riskant. Coutinho steht außerdem zu passiv, belauert den Passweg zu Wanyama anstatt auf den ballführenden zu pressen und Wanyama in den Deckungsschatten zu nehmen. Durch kleinere Veränderungen könnte man kompakter stehen und stärkeren Druck ausüben. So ist Cedric nur umstellt, hat aber noch einige Optionen und wird nicht wirklich zu einem Fehler gezwungen. Dies kann auch gut sein, aber in dieser Szene ist es außerdem zu riskant, da Moreno sehr hoch steht und viel Raum frei gibt ohne das er Druck erzeugt.
Eine ähnliche Szene gab es auch gegen Kazan.

Coutinho rückt raus und Origi trennt wieder die beiden Innenverteidiger. Das Spiel wird also erfolgreich auf die Flügel gelenkt, dort kann aber nicht direkt Druck erzeugt werden. Nun müsste, nach dem das Spiel erfolgreich gelenkt wurde, eigentlich Zugriff erzeugt werden. Dies geschieht aber nicht, da Can zu weit entfernt ist, Coutinho zu hoch steht und generell zu wenige Spieler ballnah gut positioniert sind. Also kann der rechte Verteidiger den Ball gut annehmen und direkt ins Zentrum hinter den Raum von Coutinho und entgegen der Laufrichtung von Can starten. Allen hat ebenfalls verschieben und Liverpool ist immer noch passiv. Der gegnerische Spieler hat Zeit, Raum und außerdem das Spiel vor sich, also kann er einen langen Ball auf Devic spielen, der diesen zum 1:0 für Kazan verwertet.
Bournemouth Spiel als Lösungsansatz
Gegen Bournemouth probierte Klopp überraschenderweise etwas neues aus. Dies führte dazu, dass die oberen Punkte nicht mehr so stark auftraten und Klopp seinen ersten Sieg einfahren konnte.
Die Reds spielten eher mit einem 4-3-3 und stellten Ibe und Teixeira auf den Flügeln auf. Das Aufbauspiel wurde etwas simpler und positionsgetreuer gestaltet. Man verzichtete darauf, den rechten Achter, in diesem Fall Brannagan, abkippen zu lassen. Stattdessen lies sich Allen öfters fallen und die Innenverteidiger fächerten breiter auf und bedienten dann den Halbraum mit guten Zuspielen. Und auch die Abläufe im Mittelfeld waren klarer strukturiert. Auf der linken Seite rückte Clyne weit auf, befreite so Teixeira, der viel ins Mittelfeld und vor allem in den tiefen Halbraum driftete. Firmino, der als Achter/Zehner spielte, lies sich immer wieder variabel fallen, stieß Rochaden im Mittelfeld an oder ging vom Zehnerraum in die offenen Räume der gegnerischen Formation und holte sich dort die Bälle ab. Das Mittelfeld wirkte sehr flexibel und mit Allen hatten sie einen passenden Balancespieler, der sich gut bewegte und die Dribblings von Teixeira gut ausbalancierte.

Aufbauspiel gegen Bournemouth. Teixeira rückt in den linken Halbraum und holt sich den Ball ab. Dadurch entsteht eine rautenartige Formation. Firmino den Zehneraum besetzt, Ibe und Origi stehen höher und binden Spieler in der Kette oder bieten sich für Kombinationen an. Wobei Ibe eigentlich konstant breit stand, was zur Folge hat, dass der rechte Verteidiger im Ballbesitz tiefer stand und als zusätzliche Anspielstation fungierte.
Das Aufbauspiel war also klarer strukturiert, hatte einige kleine nette asymmetrische Rollenverteilungen und auch die Durchbrüche konnten konstanter umgesetzt werden. Origi arbeitet stärker mit und zeigt ein verbessertes Bewebungsspiel, außerdem tat Firmino dem Spiel gut, da er immer wieder Kombinationen antrieb und sich gut in der gegnerischen Formation positionierte. Im letzten Drittel suchte er immer die Anbindung zu Origi und Ibe und erzeugte so gute gruppentaktische Abläufe. Leider war Firmino in manchen Aktionen noch zu abschlussorientiert und spielte vielversprechende Situation nicht ordentlich aus. Ein weiterer Vorteil war, dass die Breite konstant gegeben war. Ibe und Clyne bewegten sich gut entlang des Flügels, so waren die zentralen Spieler freier und mussten nicht wie im 4-3-2-1 auf den Flügel rochieren. Außerdem wurde die Kette des Gegner so gut auseinander gezogen, was Durchbrüche über die Schnittstellen erleichterte. In solchen Aspekten hat Klopp also alles etwas vereinfacht und dadurch den Spielern die Last in der Positionsfindung abgenommen.

In diesem Bild sieht man wie gut die gruppentaktischen Abläufe funktionieren. Ibe dribbelt horizontal nach innen. Origi startet hinter die Kette und Firmino kann direkt nachschieben und sich anbieten, da er sich in seinem Spiel eher am Zehnerraum orientiert und deshalb nicht so einen langen Weg hat. Ein weiteres Problem welches im Vergleich zu den vorherigen Spielen gelöst wurde. Die beiden Seiten sind nicht mehr so isoliert und die horizontale, wie vertikale Anbindung besser.
Auch im Pressing setzt sich dieser Trend fort. Auf den Flügeln war Liverpool mannorientiert und es gab wenige lenkende Elemente. Eher agierte man kompakter und stellte die Flügel zu. Firmino und Brannagan rückten teilweise im Pressing raus und erzeugten verschobene 4-4-2 Staffelungen. Oder es entstanden 4-1-4-1 Staffelungen in den Ibe und Teixeira breit blieben und sich an den äußeren Spielern orientierten, aber trotzdem Firmino und Brannaga hochschoben und so den Halbraum mit ihren Deckungsschatten zu stellten. Das Pressing funktionierte ebenfalls gut, wobei das Potenzial nicht so hoch ist, wie beim 4-3-2-1. Man war nicht immer kompakt und gerade die herausrückenden Bewegungen konnte Bournemouth ganz gut bespielen, aber generell zeigte Liverpool im Pressing eine verbesserte Leistung.

In diesem Bild sieht man gut das Pressing von den Reds gegen Bournemouth. Brannagan und Firmino rücken mannorientiert aus dem Verbund. Origi trennt die Innenverteidiger und die beiden Flügelspieler orientieren sich lose an den Außenverteidigern des Gegners. Das Ganze wird von Allen abgesichert, der entweder den Raum covert oder auf den Spieler schiebt. Es muss gesagt werden, dass dieser Screenshot ein extremes Beispiel ist nur selten beiden rausrückten, sondern eher 4-4-2 oder tiefere 4-1-4-1 Staffelungen entstanden. Brannagan spielte auch den defensiveren Part und sichert eher ab. Deshalb postierte sich Origi eher am rechten Innenverteidiger und lenkte das Spiel von Brannagan weg.
Fazit
Klopp hat noch einige Arbeit vor sich und es wird interessant, wie er die taktischen Probleme löst. Das Grundgerüst, dass er gewählt hat, ist für den Kader aber auch vom Potenzial und den taktischen Möglichkeiten her sehr interessant. Wahrscheinlich wird es noch seine Zeit dauern, bis sich die Abläufe im System eingeschliffen haben und seine Spieler physisch und psychisch bereit für sein Pressing und Gegenpressing sind. Der Kader mit dem taktischem Konzept hat auf jedenfall die Chancen eine Ära unter Klopp auszulösen.