In der vergangenen Saison war der Empoli FC unter Trainer Maurizio Sarri eine der interessantesten Mannschaften der Serie A. Das Team aus der Toskana ist mit einem unbekannten Kader und dem geringsten Budget der Liga in die Saison gestartet, und wurde daher von vielen als Abstiegskandidat Nummer eins abgestempelt. Wie sich später zeigen sollte, war die Mannschaft jedoch taktisch sehr gut eingespielt, der Kader zudem besser als viele vor Saisonbeginn fälschlicherweise dachten. Die junge Truppe von Maurizio Sarri imponierte vor allem mit sehr mutigen Auftritten gegen die großen Klubs der Liga. Im Endeffekt landete Empoli nur auf Platz 14, konnte sich aber sehr früh gegen aller Erwartungen den Klassenerhalt sichern, was für den Verein einen großen Erfolg darstellte. Zudem bleibt der Eindruck, dass mit etwas mehr Glück und etwas weniger Unentschieden auch eine bessere Tabellenplatzierung möglich gewesen wäre.
Der Trainer
Nahezu völlig unbekannt war vor dieser Saison der Trainer von Empoli, Maurizio Sarri. Sarri übernahm den Verein 2012 in der Serie B, als man in der Vorsaison erst im Play-Out den Verbleib in Liga zwei sicherstellen konnte. Sarri führte die Mannschaft sofort ins Play-Off, der Aufstieg gelang jedoch erst ein Jahr später mit Platz zwei in der Saison 2013/2014. Für Sarri war dies nun sein erstes Jahr in Italiens höchster Spielklasse, und das obwohl er bereits 56 Jahre alt ist. Der in Napoli geborene Trainer war selber nie Profifußballer und kickte nur in den Amateurligen der Toskana, hauptberuflich war er Bankmanager. Als Trainer kämpfte er sich langsam immer weiter hoch, benötigte letztlich 20 Jahre, um in der Serie A zu landen. Nach einem erfolgreichen Jahr bei Empoli wird Sarri in der kommenden Saison nun Trainer von Napoli sein – nachdem auch Milan großes Interesse am Trainershootingstar hatte.
Sarri ist bekannt als detailverliebter Arbeiter, der zum Beispiel auch sehr früh viel mit Computern und Statistiken arbeitete. Derzeit setzt er etwa auf Drohnen, die das Training der Mannschaft aus der Vogelperspektive filmen. Bekannt ist der Kettenraucher auch für seine offensiven Standards, die ihm den Spitznamen „Mister 33 Schemi“ – in Anspielung auf seine angeblich 33 Varianten bei ruhenden Bällen, auch wenn die Zahl laut Sarri Blödsinn ist – eingebracht hat. Während Maurizio Sarri in seiner Anfangszeit gerne mit 3er-Ketten auflief und später ein 4-2-3-1 bevorzugte, ließ er bei Empoli stets ein 4-3-1-2-System spielen. Er legte dabei großen Wert auf einen geordneten Spielaufbau von hinten heraus, hohe Kompaktheit, Offensivpressing und ein schnelles Umschalten auf die Offensive.
Kader und Grundformation
In allen 38 Ligaspielen und in allen drei Cuppartien spielte Empoli ein 4-3-1-2.
Im Tor spielte dabei meistens Luigi Sepe, der von Napoli ausgeliehen wurde, und sich wohl aufgrund seiner fußballerischen Qualitäten gegenüber Bassi durchgesetzt hat. Als Außenverteidiger kamen üblicherweise links Mario Rui und rechts Elseid Hysaj zum Einsatz. Beide haben defensiv ein paar Schwächen, sind aber spielerisch und technisch sehr stark. Rui streut gerne auch diagonale Dribblings ein und ist insgesamt wohl etwas stärker einzuschätzen als Hysaj, der nächste Saison für Napoli spielen wird. In der Innenverteidigung setzte Sarri auf Daniele Rugani und Lorenzo Tonelli. Der 20-jährige Rugani, der bereits von Juventus verpflichtet wurde, fiel dabei besonders auf. Er zeichnet sich durch eine sehr moderne Spielweise aus und ist im Spielaufbau etwas dominanter als Tonelli, der ebenfalls ziemlich spielstark ist. Alle vier recht jungen Verteidiger spielten ihre erste Saison in der Serie A.
Im Mittelfeld etablierten sich Daniele Croce, Mirko Valdifiori und Matias Vecino als Stammspieler. Der 32-jährige Daniele Croce und der 29-jährige Mirko Valdifiori spielten beide ebenfalls ihre erste Saison in Italiens höchster Spielklasse und überzeugten dabei vollends. Valdifiori war als Sechser das Herzstück der Mannschaft und für Sarris Spielweise der wichtigste Spieler. Daneben spielte Croce als halblinker 8er und Matias Vecino als halbrechter. Während Vecino zwar technisch durchaus beschlagen ist, aber eher über seine Defensivstärke kommt, ist Croce sehr dribbelstark und verfügt über bessere kombinative Fähigkeiten. Im offensiven Mittelfeld spielte im Herbst Simone Verdi aus dem Milan-Nachwuchs. Zur Rückrunde wurde dann Eigenbauspieler Ricardo Saponara zurückgeholt, ebenfalls von Milan.
In der Spitze bevorzugte Sarri das Duo Massimo Maccarano – Francesco Tavano, die mit ihren 36 Jahren den Altersschnitt der Mannschaft gehörig anhoben. Auch Manuel Pucciarelli kam zu vielen Einsätzen. Alle drei sind sehr bewegliche Stürmer, die in Ballbesitz sehr weiträumig und ausweichend agierten.
Offensive
In der Offensive beginnt Empoli zunächst stets etwas breiter und wird, je höher man kommt, immer enger in der Staffelung. Torhüter Sepe versucht das Spiel wenn möglich immer kurz zu öffnen, spielt aber gerne auch lange Bälle, die er sehr präzise an den Mann bringt
Hat Sepe den Ball steht die Mannschaft noch sehr breit, um mehr Platz zu haben und sich für die recht genauen Zuspiele des Torwarts anzubieten. Erst wenn der Ball gespielt wird, zieht sich die Mannschaft zusammen.
Im ersten Drittel ist Empoli vor allem auf eine sichere Ballzirkulation bedacht. Dazu steht die Abwehr stets relativ flach, die Außenverteidiger schieben dabei oft nur minimal höher als die Innenverteidiger. Mit dem 6er Valdifiori und den 8ern Croce und Vecino gibt es mehrere Passoptionen im Zentrum, von denen sich stets ein oder zwei den Abwehrspielern entgegenkommend anbieten. Im Normallfall wird hier nur mit ein, oder zwei Kontakten gespielt, der Ball wird oft direkt wieder auf den Passgeber oder einen Dritten zurückgeprallt. Über diese sichere Ballzirkulation kann Empoli eine hohe Dominanz erzeugen, Ziel ist es aber diese bewusst in eher tieferen Zonen zu haben, damit es in höheren Zonen mehr Platz gibt.
Eine Option ist, dass durch die Bewegungen der Mittelfeldspieler Raum gewonnen wird, und sich der angespielte Akteuer aufdrehen kann. Erst wenn der Ball im Mittelfeld gesichert ist, rückt der ballnahe Außenverteidiger auf. Über diese Seite wird der Angriff daraufhin sehr kompakt fortgesetzt.
Vorgegeben wird der Takt dabei stets von Mirko Valdifiori. Er entscheidet hauptsächlich, ob der Ball weiter zwischen Abwehr und defensivem Mittelfeld zirkuliert wird und wann es zum langen Ball kommt. Er kippt dabei nie ab, steht aber stets sehr nah an der eigenen Viererkette. Häufig sind seine Kombination im Dreieck mit Innen- und Außenverteidiger. Valdifiori holt sich die von ihm auf die Außenverteidiger gespielten Bälle sehr oft direkt zurück, um sofort direkt vertikal zu spielen. Dabei hat er zwei klassische Varianten, entweder sucht er direkt den langen Bälle hinter die herausgelockte Abwehr des Gegners, oder er spielt einen zurückfallenden Stürmer an, der den Ball zumeist sofort auf einen der 8er oder auf den 10er prallen lässt.
Variante 1:
Variante 2:
Entscheidendes Merkmal hierbei ist, dass die Mannschaft fast überhaupt keine Breite im Spiel hat und nahezu alle Spieler auf die Seite Valdifioris und des ballnahen Außenverteidigers schieben. Die Raute bleibt in Ballbesitz sehr eng zusammen, am breitesten stehen noch der ballferne Außenverteidiger und der ballferne Stürmer, wobei auch diese sich kaum über der vertikalen Hälfte des Spielfeld befinden und das Spiel nur in einer Hälfte stattfindet.
Empoli forciert hier sehr stark das Spiel über den dritten Mann und gelangt über Vertikalpässe und diagonale Ablagen nach vorne. Die Bälle werden sehr oft gleich direkt weitergespielt oder bereits mit dem zweiten Kontakt wieder abgespielt. Durch die hohe Kompaktheit in der Raute und die damit verbundene hohe Anzahl an Dreiecken kann Empoli hier schön in der Enge kombinieren.
Dieses Spiel über den dritten Mann und die schnellen Kombinationen, verbunden mit den vielen Vertikalpässen, sind wohl das prägendste Element in Empolis Ballbesitzspiel.
Die Außenverteidiger agieren relativ zurückhaltend, einer der beiden bleibt immer neben den Innenverteidigern, um drei Mann als Absicherung zu haben. Auch der ballnahe Außenverteidiger bleibt anfangs weit zurück: des Öfteren wird hier der richtige Moment, um aufzurücken, verpasst.
Prinzipiell lässt sich wohl festhalten, dass Empoli unter Sarri ziemlich viel Wert auf Vertikalität legt:
Im letzten Drittel ist Empoli grundsätzlich sehr darauf bedacht, viel Platz zu haben und sucht hier auch gerne das Dribbling. Durch die tiefere Ballzirkulation und die plötzlichen, langen Vertikalpässe, meistens von Valdifiori, entsteht viel Raum für die beweglichen Stürmer und für den offensiven Mittelfeldspieler. Entscheidend sind die Läufe in die Spitze von Ricardo Saponara, für den durch die ausweichenden Stürmer Platz geschaffen wird. Saponara ist so der Spieler mit den meisten Schüssen in der Mannschaft und jener mit den meistens Dribblings.
Problematisch ist, dass Empoli zu oft nach Außen kommt und im Zentrum zu wenig Präsenz hat. Die Stürmer stehen etwa anfangs sehr kompakt, wodurch der Gegner quasi gezwungen wird mitzugehen und sich hinter und neben dem ballfernen Außenverteidiger viel Raum ergibt. Die Stürmer attackieren diesen dann mit ihren Läufen, wodurch auch Platz für Saponara im Zentrum entsteht. Werden die Angreifer dann mit langen Pässe von Valdifiori gefüttert, landen sie zu oft isoliert zu weit auf Außen und können sich aus diesen Situation nicht befreien (ein Stürmer wie Paulo Dybala wäre daher ideal für das Spiel von Sarri).
Kombiniert sich Empoli eher langsam nach vorne, geschieht dies meistens auch relativ flügellastig. So muss die Mannschaft von Außen Richtung Strafraum eindringen, was die Stürmer gerne mit Dribblings probieren, um dann gleich aus dem Strafraumeck den Abschluss zu suchen. Gerne agiert Empoli auch mit flachen Hereingaben oder mit Rücklagen hinter den Sechszehnmeterraum auf nachstoßende Spieler. Auf hohe Flanken verzichtete Empoli weitestgehend. Wichtig sind auch hier wieder die zentralen, sehr gut getimten, Läufe von Saponara, der von Außen mit kurzen Pässe gefüttert wird, um entweder aus eher spitzen Winkel abzuschließen oder noch mal quer- oder zurückzulegen.
Die Highlights aus dem Spiel gegen Chievo zeigen hier sehr schön, wie Empoli üblicherweise zu seinen Chancen kommt:
Mit 13,6 Schüssen pro Match hatte Empoli in der abgelaufenen Spielzeit die achtmeisten der Liga. Mit 6,8 wurde genau die Hälfte davon innerhalb des Strafraums abgegeben, was in der Serie A Platz sieben in der Statistik bedeutet. Mit einer etwas besseren Chancenverwertung hätte das Team in der Saison wohl noch mehr erreichen können. Insgesamt hatte Empoli im Schnitt 52,5 % Ballbesitz und ist damit hinter den Großklubs Inter, Roma, Fiorentina, Juve, Napoli und Lazio der dominanteste kleinere Verein. Trotz der sehr hohen Anzahl von vertikalen Direktpässen kam das Team von Sarri übrigens auf eine Passquote von 80,2 %.
Kurz erwähnenswert sind im Offensivspiel Empolis auch noch die Anstöße der Mannschaft. Sarris Anstoßvariante ist dabei jener Zdenek Zemans – mit dem er auch gerne Mal verglichen wird – sehr ähnlich.
Empoli steht dabei mit sieben Spielern auf der Mittellinie, die alle sofort in die gegnerische Hälfte stürmen. Der Ball wird zurück gespielt, ein Innenverteidiger – üblicherweise Tonelli – stoppt ihn und der andere Innenverteidiger, also Rugani, spielt den langen Ball vor auf die Angreifer, die durch ihre Kompaktheit gute Chance haben, den zweiten Ball zu erobern.
Umschalten auf Defensive
Durch die hohe Kompaktheit vor allem im zweiten Drittel und die guten Staffellungen hat Empoli sehr gute Vorraussetzungen für ein starkes Gegenpressing. Die vielen direkten Vertikalpässe kommen verständlicherweise nicht immer genau an, Empoli hat aber gute Chancen, den Ball sofort wieder zu erobern. Nach einem Ballverlust agiert das Team üblicherweise recht mannorientiert, der Spieler, der den Ball verloren hat, versucht zudem sofort nachzusetzen. Das Gegenpressing ist aber oft zu zaghaft und die Spieler erkennen den richtigen Moment oft zu spät. Zudem wird auf den Ballführenden oft nur wenig Druck ausgeübt, der daraufhin durchbrechen kann, sich dann aber mit drei oder vier Verteidiger konfrontiert sieht.
Entscheidend ist auch das gute Herausrücken von Mirko Valdifiori vor der Abwehr, der die Angriffe des Gegners stets gut antizipieren kann und sehr geschickt im Herausrücken ist.
Als Absicherung hat Empoli zwei Innen- und einen Außenverteidiger, die sich gemeinsam auf einer Linie befinden. Dazu kommt meistens Valdifiori, der vor der Abwehr recht tief steht, und ein ballnaher Außenverteidiger, der oft nur wenig aufgerückt ist. Dadurch hat Empoli eine sehr hohe Absicherung und ist durch Konter des Gegners kaum gefährdet. Die Konter werden zwar oft nicht wirklich abgefangen, die gegnerische Mannschaft wird jedoch auf Außen gelenkt, der Umschaltmoment verpufft und Empoli kann sich in der Defensive ordnen.
Defensive
Ohne Ballbesitz besticht Empoli durch das wohl höchste Offensivpressing der Liga. Empoli variiert hier zwischen einem 4-3-1-2 und einem 4-3-3, je nach Gegner beziehungsweise Position des offensiven Mittelfeldspielers. Grundsätzlich versucht das Team im Zentrum sehr kompakt zu stehen, um den Gegner auf Außen zu leiten oder frühe lange Bälle zu erzwingen.
Hier ist Empolis Pressing im 4-3-3 mit dem vorgerückten Saponara zwischen den Stürmer Maccarone und Pucciarelli zu sehen, wobei Mittelfeld und Sturm zusammen einen kompakten Sechserblock bilden.
Im 4-3-1-2 bleibt Saponara etwas tiefer zwischen den drei zentralen Mittelfeldspieler und den zwei Stürmer.
Bereits beim gegnerischen Abstoß steht Empoli sehr hoch, um einen kontrollierten Spielaufbau zu unterbinden. Die meisten Gegner entscheiden sich daher bereits früh für den langen Ball. Dies ist in Italien auch ein wenig das übliche Pressing, welches weniger intensiv und nicht auf hohe Ballgewinne und einen damit verbundenen kürzeren Weg zum Tor ausgelegt ist, sondern eher einen geordneten Spielaufbau erschweren oder verhindern soll.
Hat der Gegner den Ball in der Abwehr oder beim Torhüter, so versucht Empoli mit seiner Raute die Räume im Zentrum zuzustellen und hat durch die vier zentralen Mittelfeldspieler meistens Überzahl. Die Stürmer agieren recht mannorientiert auf die gegnerische Innenverteidigung. Abkippen eines defensiven Mittelfeldspielers wird üblicherweise mannorientiert vom offensiven Mittelfeldspieler verfolgt. Gerade die Defensivarbeit des Zehners ist dabei von besonders hoher Bedeutung im Pressing, er muss stets weit verschieben und eine hohe Laufarbeit leisten. Dies machte Sarri auch in Bezug auf die Wahl des Zehners in der kommenden Saison bei Napoli deutlich: „Ob Insigne immer als Trequartista spielen wird? Wir werden sehen, wie gut er verteidigen kann.“
Ricardo Saponara jedenfalls konnte ganz gut verteidigen. In diesem Video sieht man, wie er über das ganze Feld verschiebt, auf beiden Seiten den defensiven Mittelfeldspieler zustellt und dazwischen den zentralen Innenverteidiger der Dreierkette anläuft.
Ausführlicheres Videomaterial zur Partie zwischen Torino und Empoli – also Serie A’s tiefste Ballzirkulation gegen das höchste Pressing der Liga – gibt es übrigens hier:
Durch die hohe Kompaktheit und die Überzahl im Zentrum werden die Gegner stets auf Außen gelenkt (was übrigens auch im Video zu Torino mehr als deutlich wird), die Außenverteidiger werden dabei bewusst offen gelassen. Kommt der Pass auf den Außenverteidiger, schiebt der ballnahe Achter heraus, die Stürmer versuchen die Innenverteidiger zuzustellen. Sehr wichtig ist dabei, wie früh der Achter auf den Außenverteidiger schiebt, da er hinter sich ein Loch hinterlässt, welches er mit seinem Deckungsschatten zustellen muss (und je näher er am Gegenspieler dran ist, umso größer der Deckungsschatten). Dieses Loch entsteht jedoch, da der ballferne Achter und der Sechser kaum nachschieben, Valdifiori bleibt stattdessen eher zentral vor der Innenverteidigung. Dadurch ist der offene Halbraum im Pressing auch die wohl größte Schwachstelle im System.
(kurze Anmerkung: Die meisten Videos wurden einfach mit Screenrecording aufgenommen und haben daher auch immer die Musik, die ich gerade gehört habe, dabei, was vielleicht etwas nervig ist. Wen das stört, einfach immer Ton ausmachen)
In diesem Video sieht man zum Beispiel wie Napoli dies ausnützt. Zuerst wird das Abkippen von Napolis 6er Walter Gargano von Saponara verfolgt, es folgt der Pass auf Außen, wobei der linke Außenverteidiger Faouzi Ghoulam den Ball an Empolis 8er Matias Vecino vorbeipassen kann – auch wenn dieser sehr nah dran ist. 10er Marek Hamsik bieten sich gut auf Außen an und ist frei, da der Empolis rechter Außenverteidiger Hysaj aufgrund der Positionierung des rechten Flügelstürmers Dries Mertens zu spät rausschieben kann, da er zuerst auf seinen Abwehrkollegen Rugani achten muss. Nachdem Hamsik den Ball bekommt, rückt zudem noch Walter Gargano sehr gut im Halbraum auf.
Hier ein Beispiel aus der Partie in Sassuolo. Nach dem Pass auf den Außenverteidiger geht der linke Achter, Simone Missiroli, auf den Flügel hinaus, Außenstürmer Nicola Sansone zieht in die Mitte. Empolis Innenverteidiger Tonelli kann durch geschicktes – und mutiges – Herausrücken in den Halbraum die Kombination unterbinden.
In diesem Video sind gleich zwei Pressingszenen und der Gegenangriff Empolis dazwischen zu sehen. In der zweiten Pressingszene folgt wiedermal der Pass auf den linken Außenverteidiger. Sansone bewegt sich erneut in den Halbraum und wird dieses Mal direkt angespielt, Empolis rechter Verteidiger schiebt aber weit vor in den Halbraum und kann Sansone bei der Ballannahme entscheidend stören.
Um auch noch die dritte Möglichkeit abzudecken: Hier gibt es eine Szene gegen Sassuolo, bei welcher der Achter direkt in den Zweikampf gegen den Außenverteidiger kommt und den versuchten Pass ins Out abblockt.
Das hohe Attackieren der Außenverteidiger ist daher ein sehr wichtiger Punkt in Empolis Pressing. Sie unterstützen es, nachdem der Gegner auf Außen geleitet wurde, während die restliche Abwehr daraufhin eine kompakte Dreierabwehr bildet. In diesem Bild nach einem Einwurf, den Empoli besonders kompakt verteidigt, sind kurz sogar lediglich zwei Spieler auf der Mittellinie zur Absicherung, während die restlichen acht Feldspieler vorne pressen, den Ball erobern und im Gegenangriff sofort zu einer Torchance kommen:
Insgesamt eher durchwachsen ist Empoli in der geordneten Defensive in der eigenen Hälfte beziehungsweise in der Strafraumverteidigung. Hier wechseln sich sehr starke horizontal und vertikal kompakte Staffelungen mit eher breiten und löchrigen Staffelungen ab.
Auffallend ist hier die breite Stellung des Dreiermittelfelds. Während der Sechser nun weiter verschiebt, gibt es oft zu große Abstände zwischen dem Sechser und dem ballfernen Achter, was anscheinend jedoch gewünscht ist. Agiert der Gegner etwas breiter, versucht sich der Achter eher weiter außen zu postieren, um wie im Bild zwischen den Gegenspielern zu sein – allerdings auch nicht zu weit außen, um in der Mitte eingreifen zu können. Zu oft kann dieses Loch jedoch vom Gegner bespielt werden.
Offensichtlicher ist die absichtliche breite Positionierung des ballfernen Achters etwa in diesem Bild, wo Valdifiori einen sehr knappen Abstand zu Saponara und Vecino hat, Croce jedoch deutlich weiter weg von ihm steht.
In dieser Szene öffnet die Fiorentina sehr schön das Zentrum von Sarris Mannschaft. Fiorentinas linker Achter, Alberto Aquilani, geht nach Außen und zieht denn ballfernen Achter, Matias Vecino, mit sich. Saponara sieht diese Lücke sogar, denkt aber vermutlich, dass Valdifiori sie schließt, was jedoch nicht der Fall ist, und will selber zusätzlich Druck auf den Ballführenden ausüben, während sich sein Gegenspieler, Josip Ilicic, in den freien Raum bewegt und angespielt wird.
Daher ist vor allem die Defensivarbeit von Ricardo Saponara sehr wichtig. Durch sein Zurückarbeiten kann sich Empoli auch etwas mehr Breite erlauben, die eventuell entstehenden Löcher werden dann vom offensiven Mittelfeldspieler geschlossen und ein 4-4-2 entsteht.
Im zweiten Drittel ist die horizontale Kompaktheit jedoch noch weitaus höher. Vertikal mangelt es vereinzelt an selbiger und der Zwischenlinienraum zwischen Abwehr und Mittelfeld wird zu groß. Die Viererkette versucht diese Lücken aber schnell zu schließen und ist nahezu perfekt eingestellt.
Von den Stürmern arbeitet meistens einer recht weit zurück, während der andere an der Mittellinie bleibt (Genoa übrigens mit seiner üblichen Attitude: „Zwischenlinie? Nie gehört. Zentrum? unwichtig“. Hat gereicht für Platz fünf)
Was die Viererabwehr betrifft, legt Sarri typisch italienisch einen sehr hohen Wert auf hohe Sauberkeit in den Verschiebebewegungen. Schiebt ein Außenverteidiger vor, bleiben die anderen Verteidiger auf einer Linie und bilden quasi eine Dreierkette. Die Abwehr von Empoli ist, wie man im Video sieht, immer sehr aktiv und perfekt auf einer Linie. Zudem fällt auch die stets optimale Körperhaltung auf. Ein Punkt übrigens den Sarri laut einem Interview zuletzt auch bei Raul Albiol angesprochen hat: „Beim ersten Training habe ich Albiol gesagt, dass er mit seinem Körper falsch positioniert ist. Am Abend musste ich dann lachen, als mir einfiel, dass der Weltmeister wurde“ (Interview mit der Sportweek von 26.07)
Umschalten auf Offensive
Sehr viel Wert legt Sarri auch auf ein schnelles Umschalten auf die Offensive. Empoli versucht nach Ballgewinn meistens sehr schnell zu kontern und kam so in der vergangenen Saison zu sehr vielen Chancen.
Im Umschalten auf die Offensive wird erneut viel Wert darauf gelegt, Platz im Zentrum zu schaffen. Dazu gehen die Stürmer weit nach Außen und versuchen die Abwehr auseinanderzuziehen, um mehr Raum für den offensiven Mittelfeldspieler zu schaffen. Sowohl Saponara als auch die Achter Vecino und Croce gehen dabei häufig ins Dribblings. Zudem versucht sich Empoli über Doppelpässe und das Spiel über den Dritten (etwa Vertikalpässe von Valdifiori auf einen Stürmer, der auf 10er prallen lässt und danach nach Außen geht) zum gegnerischen Tor zu kombinieren.
In dieser Szene hat Croce auf halblinks zum Beispiel enorm viel Platz. Er zieht mit dem Ball nach vorne, die Stürmer gehen leicht nach Außen. Nach dem Pass links raus auf Maccarone folgt der Lauf von Saponara in die Spitze, Maccarone sucht jedoch selber den Abschluss.
In dieser wunderschönen Aktion kann sich Daniele Croce mit einem Dribbling und einem Doppelpass aus dem Gegenpressing befreien. Der rechte Stürmer kommt kurz entgegen für einen weiteren Doppelpass und geht danach wieder nach Außen, während der linke Stürmer sehr breit steht und Saponara wieder zwischen den Stürmern in die Spitze geht und schließlich auch das Tor erzielt.
Standardsituationen
Besonders viel Wert legt Maurizio Sarri auch auf die Standardsituationen seiner Mannschaft. Sie können laut Aussage des Trainers zwischen 40 und 50 % der Spiele entscheiden.
Die Defensivstandards verteidigt Empoli sehr konservativ, mit allen zehn Feldspielern am eigenen Strafraum. Bei Freistößen agierten dabei möglichst viele Spieler in einer Linie, die Ecken funktionieren nach ähnlichem Prinzip, wobei hier noch ein Spieler für den kurzen Pfosten abgestellt wird. Empoli ist so sehr sicher, hat aber im Prinzip keine Chancen auf den zweiten Ball und auf Konter.
Bei den Offensivstandards dagegen hat Sarri ein sehr großes Repertoire an verschiedenen Varianten. Vor dem Spiel werden dann drei, vier Varianten ausgewählt, die Valdifiori, der fast alle Standards schießt, per Handzeichen anzeigt.
Ein sehr beliebtes Mittel bei Freistößen ist dabei etwa ein flacher oder halbhoher Ball, an der Mauer und allen anderen Gegenspielern vorbei in den Strafraum. Im Video ist dies drei Mal zu sehen, zwei Mal führt es zum Torerfolg. Im Normalfall soll einer der Angreifer direkt abschließen, gegen Milan folgt noch eine sehr geschickte Ablage nach innen, wobei sich dies womöglich nur in der Situation so ergeben hat und keine einstudierte Variante war.
http://crampisportivi.com/wp-content/uploads/2015/03/iriao.gif
Andere häufige Varianten sind hohe lange Bälle auf den zweiten Pfosten, im Video zu sehen mit einer abblockenden Aktion, um den Gegenspieler zu behindern und dem Angreifer mehr Platz zu verschaffen. Diese Bälle werden oft direkt abgeschlossen oder nochmal zur Mitte gebracht, wobei für die verteidigende Mannschaft das Problem besteht, nicht gleichzeitig auf Ball und Gegenspieler achten zu können.
Auch bei Eckbällen wird nach ähnlichen Prinzipien vorgegangen. Abblockende Aktionen gegen in Italien verbreitete Manndeckungen bei Ecken und Bälle auf den zweiten Pfosten sind das vorherrschende Mittel.
Besonders häufig und bei fast allen Varianten vorkommend ist eine sehr hohe Präsenz im Fünfmeterraum. So befinden sich, wie im Bild ersichtlich, oft gleich fünf Spieler im Fünfmeterraum. Diese hohe Spielerzahl macht es vor allem dem Torhüter schwierig, die Übersicht zu bewahren, sich durchzusetzen und an den Ball zu gelangen. Im Bild sind bereits drei Spieler von Empoli jeweils mit einem Gegenspieler am kurzen Pfosten. Durch den scharfen, halbhohen Ball und das hohe Gedränge hat der Torhüter keine Chance an den Ball zu kommen, zudem können oft weder Angreifer noch Verteidiger den Ball kontrolliert spielen, was aufgrund der großen Nähe zum Tor natürlich ein Vorteil für die Angreifer ist, die ihn nur irgendwie aus sehr kurzer Distanz über die Linie bringen müssen.
Die hohe Präsenz im Fünfmeterraum wird aber auch dazu genutzt, um im restlichen Strafraum mehr Platz zu haben. Dann befinden sich normalerweise drei Spieler direkt vor dem Tor, während Rugani und Tonelli, die Kopfballstärksten Spieler des Teams, von weiter hinten kommen. Sie haben dadurch mehr Raum, können mit Tempo in den Ball gehen und ihre Kopfballstärke so besser einbringen. Dabei kommen sie oft erst sehr spät nach vorne zur Standardsituation und versuchen einen Verteidiger abzublocken, damit der andere Angreifer nicht am Kopfball gehindert werden kann. In diesem GIF, dessen Qualität leider stark zu Wünschen übrig lässt, kommt nur Rugani von hinten, einer seiner Mitspieler läuft dafür weg vom Tor, um Ruganis Manndecker abzublocken.
Gerne werden Ecken auch kurz abgespielt. Im Video zu den Highlights aus dem Chievo-Match spielt Valdifiori die Ecke von der rechten Seite kurz ab, viel häufiger ist dies jedoch von der anderen Seite, damit Valdifiori mit Effet mit dem rechten Fuß auf den zweiten Pfosten flanken kann. Dort wird vor allem Rugani gesucht, der direkt abschließt oder nochmal zur Mitte auflegt, wie es bereits bei den Freistößen beschrieben wurde. Auch hier wird zumeist versucht, die Gegenspieler abzublocken, damit sie Rugani nicht am Kopfball hindern können. Zu sehen ist dies auch in der letzten Szene des Videos zu den offensiven Eckbällen (ab 1:20).
Auch wenn die Ecken nicht kurz abgespielt werden, bietet sich fast immer ein Mitspieler nahe der Eckfahne an, um so zumindest einen Gegenspieler herauszulocken und erneut mehr Platz im Strafraum zu haben. Üblicherweise befinden sich so fünf Angreifer im Strafraum, zwei Spieler an der Eckfahne (der Schütze und der sich anbietende Mitspieler), einer am 16er und zwei absichernde Spieler an der Mittellinie.
So kam Empoli in der vergangenen Saison auf 14 durch Standardsituationen erzielte Tore. Zwischenzeitlich lag Empoli mit seinem Wert an der Spitze der Serie A und international nur hinter Atletico Madrid. Am Ende erzielten noch Fiorentina (21), Lazio (16) und Torino (15) mehr Tore aus ruhenden Bällen, wobei Fiorentina (61) und Lazio (71) insgesamt viel mehr Tore verbuchen konnten als der Empoli FC, der es auf 46 Tore brachte, damit also 30 % der Treffer aus Standards erzielte.
Fazit
In der vergangenen Saison präsentierte sich Empoli als eines der interessantesten und modernsten Teams der Serie A. Empoli hatte einen jungen, unerfahrenen, aber talentierten Kader, der von Maurizio Sarri zu einer sehr gut funktionierenden Mannschaft geformt wurde. Sarri hatte stets einen klaren Plan, verfolgte dabei eine mutige Ausrichtung und versuchte auch gegen die Topteams der Liga immer offensiv zu agieren und immer hoch zu pressen. Gerade das hohe Offensivpressing war in der eher wenig intensiven Serie A interessant zu sehen. Auch das Ballbesitzspiel war von sehenswerter moderner Prägung. Kleine Schwächen hatte Sarris Empoli dennoch. Zum rein spielerischen Faktor kommt aber noch hinzu, dass Empoli mit dem geringsten Budget der Liga gestartet ist und von einem charismatischen, sehr bodenständigem 56-jährigen Coach trainiert wurde, der als Spieler nie Profi war und sein erstes Jahr in der Serie A verbrachte. Er übernahm den Klub als Abstiegskandidat der Serie B und führte ihn zum souveränen Klassenerhalt in Liga eins. Damit hat sich Sarri den Trainerposten in Napoli auch redlich verdient. Sarris Napoli wird daher in der kommenden Saison definitiv eine der interessantesten Mannschaften der Liga und spannend zu beobachten sein.
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