Marco Hingerl, 03.05.1996, Achter
Hingerl ist der Kapitän der U19. Er läuft meist im zentralen Mittelfeld auf, vorzüglich als halbrechter Achter. Von dort zeigt er insbesondere vertikale Läufe und schaltet sich nicht allzu sehr in die tiefe Ballzirkulation ein. Er hat wenige Aktionen und diese dann auch meist mit kurzer Ballbesitzzeit; am liebsten schaltet er sich wohl mit One-Touch-Verbindungsaktionen ein oder zeigt eben Läufe in die Tiefe, auch bis in die Sturmspitze.
Hingerl war zumindest für mich nicht allzu auffällig, dafür aber in allem was er tat höchst zuverlässig. Echte Aussetzer hat er nie. Das gilt eben vor allem für den defensiven Bereich, wo er sich laufstark und höchst zweikampfstark zeigt.
Hingerl ist inzwischen auch fester Teil der deutschen U19-Auswahl und wurde eben auch von Guardiola zum Trainingslager nach Qatar mitgenommen. Insbesondere körperlich ist er schon sehr weit und kann von den Jugendspielern am besten bei den Profis mithalten.
Sein spielerisches Talent zu bewerten fällt mir gerade noch schwer, das wird die Zeit zeigen. Eine kurzfristige Option für die erste Mannschaft könnte er höchstens bei vielen Verletzungen im Mittelfeld sein.
Lucas Scholl, 05.07.1996, Linksaußen, Zehner
Der Sohn von Mehmet Scholl ist schon seit klein auf Teil des bayrischen Jugendzentrums.
Er läuft eigentlich immer links auf; je nach Formation also als Wing-Back oder als linker Mittelfeldspieler. Dort postiert er sich recht konsequent breit und wartet auf Verlagerungen. Scholl zeichnet sich durch eine außerordentliche Spielfreude und daher wirkende Präsenz und Dominanz aus. Aus Kombinationen heraus forciert er meist eigene Aktionen, ist bei diesen allerdings nicht allzu erfolgsstabil. So schaltete er sich in einigen Spielen über den Halbraum ins Aufbauspiel ein. Dort zeigte er mehrmals Drehungen um die eigene Achse, um sich des Zugriffs des Gegenspielers zu entledigen, konnte aber keine Anschlussaktionen wie sinnvolle, weitgreifende Pässe finden, weshalb er sehr ineffektiv blieb.
Als Wing-Back bleibt er, wie erwähnt, breit und zeigt auch von hier aus einen typischen Dribblingstil: Er öffnet mit dem linken Fuß, wartet darauf vom Gegenspieler gestellt zu werden und zieht dann den Ball rüber in die Mitte, von wo aus er Pässe verteilt.
Scholl war zwar im Sommer Teil der USA-Reise der ersten Mannschaft, durfte jetzt allerdings nicht mit nach Qatar. Sowohl seine körperlichen Schwächen, als auch fehlende Spielintelligenz sind wohl der Grund. Er ist weder echter Nadelspieler und noch weniger durchschlagskräftiger Flügelspieler und stellt so auch höchstens eine Option für die U23 im nächsten Jahr dar.
Sinan Kurt, 27.07.1996, Rechtsaußen, Stürmer
Sinan Kurt ist Linksfuß und schnell. So leicht ist er besprochen. Technisch ist er stark auf seinen linken Fuß limitiert. Vor allem seine körperlichen Voraussetzungen stechen hervor: er ist schon enorm stabil, wendig und brutal schnell. So kann er auch z.B. auch bei Testspielen der ersten Mannschaft schon ordentlich mithalten.
Kurt spielte zu Beginn der Saison als Rechtsaußen. Dort blieb er auffällig breit, um dann Dribblings zu starten. Gegen einen kompakten Block, von dem er dann gedoppelt wird, zeigt er zwei mögliche Dribblingwege: erstens den geradlinigen Weg die Linie entlang, von wo aus er aber nur eine Flanke mit dem doch schwachen rechten Fuß bringen kann. Zweitens – und häufiger – sucht er den inversen Weg mit seinem Fuß in die Mitte. Allerding wird er von Dopplungen sehr stark geleitet und findet sich so des Öfteren auch einmal auf diagonalem Weg rückwärts Richtung eigenem Tor. Aus diesem Winkel kann er dann nur noch halbkreative Verlagerungen auf die linke Seite zeigen. Zwar sind seine Dribblings meist erfolgreich, mit fehlt jedoch noch die Durchschlagskraft dieser. Er sollte sich mehr Diagonalität im Weg oder zumindest in den Anschlussaktionen fokussieren.
Seit ca. Mitte der Saison lief Kurt dann auch immer wieder als eine Art Mittelstürmer auf. Entweder mit Sturmpartner Eberwein im 4-4-2 oder auch praktisch alleine im 5-4-1. Das lag auch damit zusammen, dass man einen etwas höheren Konterfokus praktizierte. Im Umschaltmoment kann Kurt mit seiner enormen Geschwindigkeit starke Tiefensprints zeigen und dann auch oft sehr gute Abschlüsse zeigen.
Probleme hat Kurt als Stürmer aber wieder in engeren, komplexeren Situationen, insbesondere mit Rücken zum Tor. Seine Ablagen sind häufig unsauber, auch als Zielspieler taugt er kaum.
Kurt ist körperlich unfassbar weit. Wegen des Transferstreits zwischen Gladbach und Bayern und der damit verbundenen Aufmerksamkeit wird er in der Öffentlichkeit wohl aber etwas überschätzt.
Seine große Stärke ist das Dribbling, insbesondere das Tempodribbling. So hat er gewisse Ähnlichkeiten zu Robben, wenn ihm auch die Qualitäten im Engendribbling und die Komplettheit natürlich noch fehlen.
Kurt könnte für Pep als Konterspieler interessant sein, wo er am effektivsten ist. So könnte er als breitehaltender Außen eine Ergänzungsspielerrolle im Kader gewinnen, wie es Tello und Cuenca bei Barca waren, die ähnliche Profile zeigten.
Michael Eberwein, 11.03.1996, (falscher) Mittelstürmer, Linksaußen
Manchmal macht Fußball schauen richtig Spaß. Nicht nur normal, sondern richtig. Noch am nächsten Morgen erinnert man sich an Aktionen des Spiels von gestern. So ähnlich war es, als ich Eberwein zum ersten Mal sah. Zugegeben: diese Beschreibung ist nicht ganz objektiv.
Auf den ersten Blick wirkt Eberwein wie ein katastrophaler Spieler: er ist sehr langsam, schlaksig und wirkt erst einmal unkoordiniert.
Seine größte Stärke aber ist seine Intelligenz. Dort ist er allen obigen Mitbewerbern um Welten voraus (mit Abstrichen vielleicht bei Hingerl).
Seine Bewegungen ohne Ball sind genial. So kann er gut Räume für seine Mitspieler öffnen, zeigt gerne solche ausweichenden Läufe auf die Flügel oder korrigiert Staffelungsfehler. In seinen gesamten Bewegungsmustern ist er also äußert unterstützend und balancierend. Zu diesen ausweichenden Bewegungen lässt er sich aber auch häufig weit zurück fallen, um an Kombinationen teilzunehmen, wie in dieser Analyse gezeigt gegen Hoffenheim. Hier zeigt er ein äußerst sauberes Kurzpasspiel. Dritte Möglichkeit sind kürzere Rückfallbewegungen, mit denen er sich als Wandspieler und Kombinationspartner einschalten möchte. Wenn er den Raum zum Aufdrehen hat, zeigt er auch kurze wegziehende Dribblings, bleibt aber selbst hierbei eher verbindend denn dominant.
Eine weitere mögliche Einbindung als Mittelstürmer ist die des Zielspielers. Mit seiner enormen Körpergröße von 1,91m kann er viele Bälle fest machen und mit seinem guten ersten Kontakt kontrollieren oder weiter leiten. Hier eine unfassbare Kontrollsituation im Sechszehner.
Kombiniert mit seiner Intelligenz ist zudem die Improvisation zu nennen. Nie wirkt eine seiner Bewegungen abgespult, sondern stets spontan. Dadurch zwar teils auch nicht zielgerichtet oder in schlechten Phasen wirr, jedoch stets auf irgendeine Weise ein bisschen genial.
Dadurch wird aus der scheinbar schlaksigen Art auch schnell eine dynamisch wendige. So wurde er auch ein paar Mal auf dem linken Flügel aufgeboten, von wo aus er kurze, ausweichende Dribblings einbringen konnte wie zum Beispiel hier schön zu sehen.
Diese Improvisation der Schrittfolge und schnelles schalten lässt ihn zu einem überraschend starken Pressingspieler werden. Sowohl ist er sehr bemüht und spult viele Meter ab, als auch geschickt in den Momenten, wann er sich zum Pressing entscheidet. Zudem ist er individualtaktisch, wenn er denn mal im Zweikampf ist, geschickt. So erarbeitete er sich am Donnerstag im Testspiel gegen Laudrups Qatar Stars selbst durch eine gute Pressingaktion.
Diese Torchance vergab er übrigens recht kläglich mit dem linken Fuß. Obwohl er momentan mit neun Toren zweitbester Torschütze der U19-Regionalliga Südwest, liegt hier wohl das meiste Potential brach. Vor dem Tor ist er noch nicht letztendlich konsequent und sauber, sondern vergibt auch einige guter Chancen.
Eberweins Stärken und körperliche Gegebenheiten sind eine unfassbar außergewöhnliche Mischung, die aber eben auch schwer einzubinden ist. Solche unterstützenden Bewegungen sind für einen Stürmer, der ja doch für Durchschlagskraft verantwortlich ist, fast unpassend. Seine körperlichen Schwächen sorgen z.B. auch dafür, dass er noch nie für eine Nationalmannschaft nominiert war. Trotzdem hat Pep ihn als einer von Dreien ausgewählt.
Eberwein ist durch seine Kombinationsstärke und Raumgefühl vielleicht der passendste Spieler für Peps Positionsspiel. Zudem bürgen seine vielfältig angelegten Fähigkeiten höchst interessante Rollen: echte Neun als Zielspieler und Raumöffner, falsche Neun mit balancierenden Aufgaben um Müller und Robben herum oder schlicht als Joker für die letzten Minuten.
Sollte er seinen Torabschluss noch weiter verbessern und beispielsweise Lewandowski und oder Pizarro ausfallen, hat er auch jetzt schon Chancen in den Kader und zu Einsatzzeiten zu kommen.
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