Am Sonntag fand das U-19-Bundesliga Spiele der Süd-West Staffel des Aufsteigers Saarbrücken gegen den klaren Favoriten aus München vor stolzen 1000 Zuschauern statt. Der Gastgeber konnte mit den Erwartungen entsprechend hoher individueller Qualität überraschen, war dem taktisch ausgereiften Konstrukt der Bayern am Ende aber klar unterlegen. Der FCB scheint eine Reform im Jugendabteil vorgenommen zu haben. Offensichtlich schrieb Pep den Jugendmannschaften das gleiche Grundsystem vor, wie er es vor der Saison mit dem 3-4-3, 3-5-2, 3-1-4-2, oder kurz: mit der Grundprämisse der Dreierkette, ausmachte. So spielt auch die U-19 unter Ex-Basel Coach Heiko Vogel im 3-1-4-2.
Dabei bauen sie – ohne Überraschung – auf ein recht mutiges Ballbesitzspiel. Auch wenn sie gepresst wurden, zirkulierten sie den Ball in der eigenen Dreierkette und suchten erst im letzten Moment den langen Ball und dann meisten auf den kopfballstarken linken Wing-Back Okoriji oder teilweise auf den ca 1,90m Mittelstürmer Eberwein.
Bayern beeindruckt mit harmonischen Mechanismen
Meistens aber konnten sie sich mit einigen Aufbaumechanismen gekonnt von hinten lösen, wenn sie auch leider durch den Saarbrücker Sturm vor wenig Probleme gestellt wurden. Diese agierten gruppentaktisch selten komplett abgestimmt und vor allem die beiden Stürmer und Linksaußen Jens Meyer legten wenig Bemühen in der Defensive an. Sie ließen sich von der nach hinten fallenden Dreierkette oft nach vorne ziehen, wodurch sie den Sechserraum für die ballsicheren Marco Pfab und den strategisch gut angelegten Marco Hingerl öffneten. Wenn der FCS dann mal mehr oder weniger zufällig kompakt stand, beeindruckte man mit für das Level beeindruckenden Aufbaumechanismen. Felix Pohl, halbrechter Innenverteidiger der Dreierkette, der sowohl von Statur als auch Spielstil so einzuordnen ist, dass er wohl vorher Rechtsverteidiger spielte (während die beiden anderen eher Innenverteidigertypen waren), rückte immer wieder breit an die Außenlinie, um auch im ersten Drittel Breite zu geben. Teilweise kippte der Sechser Pfab – wohlgemerkt zu strategisch passenden Momenten – zwischen die Innenverteidiger oder aber hinter den rechten Verteidiger Pohl. Dieser ging dann noch einmal höher und befreite den Wing-Back vor sich. Der Nationalspieler Daniel Hägler wiederum konnte dann in den Halbraum rücken, wo er seine Kreativität und seine Dribblingstärke einbrachte. Dadurch hatte man zuallererst Bewegung ins Positionsspiel gebracht und hauptsächlich ein Aufbaudreieck um den Linksaußen gebildet, wodurch meistens der offene Halbraum bespielt werden konnte. Nach Ballverlust blieb Pfab dann teilweise in der Kette, um den Konter abzufangen, ging manchmal aber auch heraus und war in dieser Entscheidung beeindruckend erfolgsstabil. Einen solchen gruppentaktischen Mechanismus habe ich in dieser Harmonie und Einbindung ins Gesamtkonzept in dieser Altersklasse noch nie gesehen.

Pfab kippt zwischen die rollenmäßigen Innenverteidiger und erzeugt nochmal neue Dynamiken. Hägler findet Platz im Halbraum, weil Steiner und Gianluca okkupiert werden.
Ein bisschen Einzelkritik
Vervollständigt wurde das Mittelfeld durch Kapitän Hingerl, der zumindest mir an diesem Tag spielerisch nicht besonders auffiel. Er verrichtete eher Arbeit im Hintergrund, bewegte sich balancierend und wirkte in allen technischen Grundaspekten solide. Persönlich imponierte mir noch Abwehrchef Phillip Walte, der zwar wirkte als sei er total gelangweilt vom Spiel, aber eine starke Partie ablieferte; enorme Ruhe am Ball bewies und starke Pässe einstreute. Jedoch wirkte er sehr unbeweglich, nicht gerade schnell und unmobil. Diese körperlichen Schwäche kann er auf diesem Niveau zwar noch locker durch Geschick und Erfahrung wettmachen, könnten ihm den Sprung in die ganz hohen Klassen aber verhindern. Der beste Mann auf dem Platz war der nominelle Mittelstürmer Michael Eberwein. Auf den ersten Blick wirkt er wie ein Mittelstürmer der alten Schule: 1,91 groß und eine scheinbar schlaksige Art. So konnte er seine Körpergröße bei den wenigen langen Bällen als Zielspieler auch einbringen; meistens indem er die Bälle Ibrahimovic-esque mit der Brust annahm, klemmte, oder technisch enorm sauber ablegte. Zu jedem Moment überzeugte er mit absoluter Kontrolle über den Ball und fast immer über die Situation. Im Laufe des Spiels wandelte sich diese klassische Stürmerrolle immer weiter in eine ‚falsche‘. Eberwein zeigte enorm viele Fallbewegungen aus dem Sturmzentrum, das dann teilweise sogar verwaiste oder aber von Sturmkollege Martinovic besetzt wurde. Dieser konnte dann mit seiner Geschwindigkeit Tiefensprints anbringen. Ab Mitte der zweiten Hälfte tauschte er einfach mehrere Szenen lang die Position mit Zehner Leib, der so zwei Treffer markieren konnte. Bei seinen ausweichenden, zurückfallenden Bewegungen agierte Eberwein ungewöhnlich undominant, sondern mit einem beeindruckenden Raumgefühl, das ihn eher in balancierende Rollen brachte. Off-the-ball-movement des Spiels war hierbei sein horizontaler Lauf vorm 3:1, bei dem er seinem Mitspieler Leib genug Raum verschafft, dass er einen Schnittstellenpass erhalten kann. In der Altersklasse eine absolute Ausnahme. In der 81. Minute konnte er seine Leistung dann selbst mit einem Treffer krönen. Nach einem Pass in die Tiefe lief er relativ frei aufs Tor zu. Während zwei Saarbrücker im Vollsprint versuchten ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen, hatte er die Ruhe in einem Laufstil, der von Außen betrachten sehr an ein Joggen erinnert, den Torwart zu umkurven und locker einzuschieben. Mit seiner Art eines eigentlich spielstarken Zehners im Körper eines robusten Zielspielers ist Eberwein interessant nahe am Neubayern Lewandowski. Momentan ist er mit 4 Treffern in 3 Spielen Top-Torschütze des FCB, trotzdem dürfte der Abschluss der Hauptknackpunkt zum Sprung in die Profiwelt sein, wenn er auch – unfassbarer Weise?!- bisher scheinbar nicht für eine Nationalmannschaft nominiert wurde.
Fazit
Während der FCS in der ersten Hälfte noch beinahe ebenbürtig war und zwei unglückliche Gegentore kassierte, während man 2-3 vielversprechende Kontergelegenheiten vergab, spielte der FCB in der zweiten Hälfte seine Dominanz klarer aus. Mit dem Spielstand und der steigenden Frustration verstärkten sich die Kompaktheitsprobleme der Saarbrücker , wodurch man tiefer in die eigene Hälfte gedrückt wurde. Von dort aus konnten die Bayern ihre Offensivmechanismen, die hauptsächlich im Zehnerraum angelegt sind, konstanter ausspielen, sodass das Endresultat 1:5 lautete. Der FCS, der viele Spieler seines starken 96er-Jahrgangs in den letzten Jahren verloren hat, und deshalb auf einen Kader mit vielen Spieler aus dem jüngeren Jahrgang setzten muss, hat mich persönlich was individuelle Qualität angeht noch positiv überrascht. Trotzdem fehlt in vielen Situationen noch die taktische und personelle Reife, die in Teams wie dem des FCB deutlich weiter entwickelt ist. Die Elf von Heiko Vogel hat mich sehr beeindruckt und könnte ihn diesem Jahr auch ganz oben mitspielen, wo sie sich vor allem gegen Hoffenheim konkurrieren werden müssen. An diesem Wochenende fehlten noch Gianluca Gaudino, der aber wohl erst einmal nicht mehr zurückkehren wird, und Lucas Scholl, außerdem Jugend-Königstransfer Sinan Kurt. Im nächsten Jahr wird es interessant zu beobachten, wie verschiedene Spieler, insbesondere Walter, Hägler und Raumgefühl-Star Michael Eberwein, den Absprung in den Aktivenbereich schaffen.
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