De Zerbis Positionsspiel in Foggia

Roberto De Zerbi war als Spieler nicht besonders erfolgreich. Er war ein durchschnittlicher Fußballer, spielte bei Klubs wie Catania, Brescia, war für Napoli in der Serie B aktiv und in Rumänien bei Cluj, wo er zwei Mal Meister wurde. 2013 beendete er mit 33 Jahren seine Karriere. Körperlich war er nicht mehr so fit und hatte mit einigen Verletzungen zu kämpfen, doch ein anderer Grund war noch wichtiger: Die Lust darauf, Trainer zu werden.

Sein erster Schritt nach Beendung seiner Spielerkarriere war es nach München zu gehen, um bei Pep Guardiola zu hospitieren, der damals gerade bei den Bayern angefangen hatte. Guardiola ist das große Vorbild von De Zerbi und der Trainer, der ihn am meisten beeinflusste.

Im Sommer 2014 übernahm De Zerbi das Traineramt bei Foggia in der dritten Liga, wo er selber auch als Spieler mehrere Jahre aktiv war. Dort versuchte er sich an einer Implementierung eines Positionsspiels und war dabei auch äußerst erfolgreich. Nach Streitigkeiten mit der Vereinsführung wurde er aber nun im August 2016 äußerst überraschend freigestellt.

foggia

Wenn man Foggia sah, war zuerst die hohe Ballbesitzzahl, üblicherweise über 65 Prozent, auffällig. Diese Zahl an sich ist nicht wichtig, sie ist aber ein Ergebnis des guten Spiels der Mannschaft. Foggia hatte viel Ballbesitz, weil sie mit dem Ball gut spielten. Sehr ruhig wurde das Spiel aufgebaut, in der gut organisierten Ballbesitzphase wurde geduldig nach Lücken in der gegnerischen Defensivformation gesucht beziehungsweise versucht diese zu kreieren. Foggia erfolgreich zu pressen und Ballverluste zu erzwingen war dabei sehr schwierig, das Offensivspiel von De Zerbis Mannschaft für die meisten Gegner in der Liga einfach zu gut organisiert.

Neben dieser organisierten Ballbesitzphase waren für die Mannschaft auch etwa das Offensivpressing und das Gegenpressing sehr wichtige Spielprinzipien. Nach Ballverlust sollte der Ball so schnell wie möglich zurückerobert werden, um erneut angreifen zu können. Dabei wurde eher selten gekontert, nur in bestimmten Situationen, ansonsten wurde erst versucht durch eine Serie von Pässen wieder eine vernünftige Struktur für die Offensive einzunehmen, um gut organisiert angreifen zu können. Diese Organisation war stets von hoher Bedeutung, sie begann daher schon mit dem Tormann.

Spielaufbau

Antonio Narciso, 35-jähriger Tormann, war der erste Angreifer der Mannschaft. Er war für das Ballbesitzspiel von großer Bedeutung und half stets dabei, Überzahl herzustellen. Die Nutzung des Tormanns zur Schaffung von numerischer Überlegenheit ist dabei natürlich nichts revolutionäres, doch nur wenige Trainer nutzen ihren Tormann so sehr wie De Zerbi. Dabei ist sind vor allem zwei Dinge wichtig: der Mut des Tormann und seine fußballerischen Qualitäten.

Narciso versuchte das Spiel stets mit flachen Pässen auf die Verteidiger einzuleiten. Die gegnerischen Teams wussten dies natürlich, für ein Offensivpressing entschied sich zwar kaum jemand, allerdings stellten einige Teams die Abstöße von Foggia sehr hoch, üblicherweise sehr mannorientiert, zu. Narciso entschied sich trotzdem sehr oft für den Kurzpass auf einen der beiden Innenverteidiger, welche unter Druck sofort wieder auf ihren Tormann zurückpassten. Dabei mussten regelmäßig Abstöße aufgrund von falscher Ausführung wiederholt werden, da die Verteidiger aufgrund des hohen Gegnerdruck die Pässe des Tormanns bereits im eigenen Strafraum annahmen. Die Anzahl der wiederholten Abstöße war bei Foggia in der vergangenen Saison womöglich so hoch wie bei keiner anderen Mannschaft in Europa. Narciso spielte natürlich auch öfters lange Bälle, allerdings war die Konsequenz, mit der Foggia trotz hohen Druckes, auf diese Art aufbaute, sehr beeindruckend. Sobald die Innenverteidiger den Ball auf ihren Tormann zurückklatschen ließen, hatte man numerische Überzahl und konnte seine Angriffe organisiert, wie es De Zerbi möchte, starten. Natürlich ist es daraufhin nicht ganz so einfach weiter aufzubauen, vor allem da den Tormann pressende Angreifer üblicherweise darauf bedacht sind, den Passweg auf einen der Innenverteidiger mit ihrem Deckungsschatten zu versperren. Doch Narciso schaffte es meistens passende Lösungen zu finden. Er spielte offensichtlich sehr viel im Training mit, ist fußballerisch gut und hatte eine sehr gute Abstimmung mit den Verteidigern. Zudem traf er auch teils sehr kreative Lösungen, griff nicht nur hin und wieder zu einem kurzen Dribbling sondern versuchte auch Mal einen Doppelpass mit einem Innenverteidiger zu spielen. Eines seiner bevorzugten Mittel war der kurze Lupfer über einen pressenden Angreifer auf einen frei werdenden Mitspieler. Waren keine passenden spielerischen Lösungen verfügbar, spielte Narciso den langen Ball, bevorzugt auf die Flügelstürmer, welche dabei auch Unterstützung von Mittelstürmer Pietro Iemmello bekamen.

Foggias Tormanneinbindung: Zuerst der Lupfer von Narciso, dann tiefe Tormannkette und danach das Antreiben von Narciso, da die Positionierung des rechten Innenverteidigers etwas zu tief ist.

Mit den Innenverteidigern formte Narciso häufig eine tiefe Tormannkette, mit den Innenverteidigern sehr tief neben ihm positioniert. Dieses taktische Mittel wurde aber auch etwas höher knapp außerhalb des Strafraums eingesetzt. Fanden die Aufbauspieler keine passende Anspielstation, konnten sie immer noch einen Rückpass auf Narciso spielen. Dadurch war De Zerbis Foggia nur schwierig erfolgsstabil zu pressen. Ergaben sich Lücken im gegnerischen Pressing, konnte sich die Mannschaft sehr schnell durchkombinieren und mit viel Dynamik Richtung gegnerisches Tor spielen.

Narciso half seiner Mannschaft auch, wenn er nicht den Ball hatte. Er war auf dem Platz quasi der verlängerte Arm von Roberto De Zerbi. Er gestikulierte stets sehr viel herum und korrigierte die Positionierungen seiner Mitspieler. Er achtete sehr stark auf passende Abstände zwischen den Mitspielern, was für De Zerbi offensichtlich ein besonders wichtiger Punkt war. Die konstante Anpassung der Positionierungen der einzelnen Spieler in Relation zu Ball, Gegenspielern und Mitspielern begann bereits beim Torhüter. Hatte Narciso den Ball, durfte ihm kein Spieler zu nahe kommen. Er korrigierte die Positionierungen der Innenverteidiger um wenige Meter, holte Mal den Sechser näher zu sich und zeigte zugleich Lösungen an.

Im Spielaufbau hatten die Innenverteidiger eine hohe Bedeutung. Im Positionsspiel ist es wichtig, freie Räume zu schaffen und die Spieler zwischen den Linien zu suchen. Zu viele Spieler außerhalb der gegnerischen Defensivformation zu haben ist dabei nicht hilfreich. Die Innenverteidiger sollten daher selber Verantwortung übernehmen und nicht durch (zu) tief stehende Mittelfeldspieler eingeschränkt oder aus dem Spiel genommen werden. Der Spielaufbau erfolgte daher Großteils über die Innenverteidiger, welche über eine gute Reichweite im Passspiel verfügen, sowie über einen abkippenden Sechser, wobei dieses situative Abkippen in der Mannschaft gut eingebunden war und der Sechser dabei auch nicht zu dominant agierte, wie es bei anderen Teams öfter der Fall ist.

Vacca kippt zwischen die Innenverteidiger ab. Sofort folgt eine Reaktion der restlichen Mannschaft. Die Innenverteidiger schieben etwas breiter, Außenverteidiger rücken auf, einer der Achter fällt ein wenig zurück.

Das Abkippen des Sechsers war ein nicht immer, aber doch recht häufig eingesetztes Mittel. Dabei wurde die großartige Organisation von Foggia sichtbar. Die Mannschaft bewegte sich mit sehr hoher Präzision und die sich veränderte Positionierung eines Spieler hat Auswirkungen auf alle seine Mitspieler. Das Abkippen wurde genutzt, um Überzahl in der ersten Aufbaulinie herzustellen und erneut schwieriger zu pressen zu sein und um generell mehr Bewegung ins Spiel zu bekommen, was vor allem gegen einige mannorientiert verteidigende Teams wichtig war. Das Abkippen wurde auch oft eingesetzt, um das Spiel besser über die andribbelnden Innenverteidiger in den Halbräumen aufzubauen. Dabei diente die Positionierung des Sechsers nur zum Binden eines Gegenspielers beziehungsweise zum Öffnen von Räumen. In der zweiten Hälfte der vergangenen Saison spielte Foggia in einigen Spielen auch mit einer konstanten Dreierkette in einer 3-2-4-1-Formation, ansonsten wurde solch eine Dreierkette aber eher flexibel hergestellt.

Die Innenverteidiger versuchten sich unter Druck schnell tief zu positionieren, um immer anspielbar zu sein, wodurch die Gegner im Pressing auch weiter rausrücken und mehr Raum abdecken mussten. Den zur Verfügung stehenden Raum wussten die Innenverteidiger gut zu nutzen. Sie rückten mit Ball am Fuß gut vor und dribbelten die erste Pressinglinie des Gegners schön an. Die Innenverteidiger versuchten den Ball bevorzugt ins Zentrum und dabei so lange wie möglich zu spielen. Neben kurzen Pässen auf den defensiven Mittelfeldspieler entstanden so viele lange, flache Vertikalpässe auf die im Zwischenlinienraum postierten Achter. Vereinzelt gab es auch Pässe der Innenverteidiger auf Sturmspitze Iemmello zu sehen, dies eher nach weiträumigerem Andribbeln der Innenverteidiger.

Das Andribbeln der Innenverteidiger war eine große Stärke im Spielaufbau von Foggia und gruppentaktisch gut eingebunden. Weiträumigeres Andribbeln gab es vor allem aus einer Aufbaudreierreihe mit abkippendem Sechser, wobei der Gegner teils bewusst gegnerbindend zurückfiel, um seinen manndeckenden Gegenspieler aus der Defensivformation des Gegners rauszuziehen und Platz im Zentrum zu kreieren. Dieses Zurückfallen konnte auch dem Halbverteidiger noch mehr Raum zum Andribbeln ermöglichen.

Andererseits entstanden Situationen mit weiträumigerem Andribbeln auch aus Aufbausituationen, in denen der Sechser auf seiner Position im defensiven Mittelfeld stand und erst durch das Andribbeln ausgelöst zurückfiel, um den aufrückenden Innenverteidiger balancierend abzusichern. Die Innenverteidiger nutzten so gut den Raum neben den Angreifern des Gegners, welche sehr oft eher geringintensiv pressten und nur darauf bedacht waren, den Sechserraum im Zentrum zu versperren. Durch das Andribbeln erforderten die Innenverteidiger eine Reaktion der gegnerischen Mittelfeldspieler, die irgendwann herausrücken mussten und dadurch Raum hinter sich öffneten und die Abstände zwischen den Linien vergrößerten. Zudem konnte das absichernde Zurückfallen des Sechsers zusätzlich raumöffnend sein. Die restlichen Spieler passten ihre Positionierung erneut sehr schön an die Position des ballführenden Mitspielers an, vor allem die Achter waren darauf bedacht, weiterhin eine passende Distanz zu den Innenverteidigern einzunehmen.

Kombinationsspiel am Flügel. Außenverteidiger, Sechser, ballnaher Achter und Flügelstürmer locken den Gegner an, aufgelöst wird über ballfernen Innenverteidiger und Achter, daraufhin wird der Flügeldurchbruch gesucht.

Kleinräumiges Kombinationsspiel von Foggia. Angelo beginnt die Aktion eingerückt in den rechten Halbraum, zieht dann am Flügel auf. Aufgrund der passenden, engen Struktur in ballnähe entscheidet sich Agnelli jedoch gegen eine Verlagerung.

Kombinationsspiel

Im Mittelfeld wurde üblicherweise mit einem Sechser und zwei höher postierten Achtern gespielt. Die Achter hatten grundsätzlich eher hohe und breite Positionierungen in den Halbräumen, wechselten die Positionen aber flexibel, um etwa situativ ballnah zu überladen, weiter zurückzufallen und dynamisch den Zehnerraum zu besetzen. In wenigen Spielen setzte De Zerbi auf ein klares 4-2-3-1, in anderen Spielen war der Unterschied zwischen 4-2-3-1 und 4-3-3 weniger deutlich und es war eher eine flexible Mischform zu sehen. Als Sechser kam in der ersten Saisonhälfte hauptsächlich der passstarke, spielintelligente Tommaso Colletti zum Einsatz, später spielte vermehrt der agilere und pressingresistentere Antonio Vacca.

In De Zerbis System hatte der Sechser eine sehr große Bedeutung für die Struktur der gesamten Mannschaft, da sich an seiner Positionierung eine Vielzahl an Mitspielern richtete. Er legte sein Bewegungsspiel recht weiträumig an, um immer möglichst in Ballnähe zu sein. Er bewegte sich auch viel auf den Flügel, kam den ballführenden Außenverteidiger oft sehr nahe, wobei die Gegner geschickt angelockt wurden und Foggia in Überzahl am Flügel kleinräumig schön kombinieren konnte. Auf den Flügeln war Foggia im Kombinationsspiel extrem pressingresistent, aufgelöst wurden solche Situationen daraufhin über den ballfernen Achter im Zentrum oder den ballfernen Außenverteidiger. Jedoch wurde oft auch auf der überladenen ballnahen Seite der Durchbruch gesucht und Foggia agierte in solchen Situationen teils zu linear antreibend, statt mehr darauf fokussiert zu sein freie Räume im Zentrum zu kreieren und zu nutzen.

Die beiden Achter im System waren üblicherweise Mati Riverola, der bei Barcelona in der Jugend war (und unter anderem in Österreich für Altach spielte), und Cristian Agnelli, ein äußerst spielintelligenter 31-jähriger Mittelfeldspieler, der bereits im Nachwuchs für Foggia aktiv war und es nie wirklich aus der dritten Liga heraus schaffte. Grundsätzlich nahmen sie zunächst stets eine recht hohe und breite Position ein, zwischen Abwehr und Mittelfeld des Gegners in den Halbräumen. Auch sie passten ihre Positionierung dabei stets an jene des Balles und ihrer Mitspieler an. Viel bewegten sie sich, um gemeinsam Räume zu überladen, um in kurzen Distanzen Anspielstationen zu bieten und Foggias kleinräumiges Kombinationsspiel zu ermöglichen. Dabei waren ihre Bewegungen gut aufeinander abgestimmt, sie bildeten gut Dreiecke und versuchten unterschiedliche Linien zu besetzen. Riverola spielte meistens als linker Achter und Agnelli als rechter, wobei sich im Spiel durch die fluiden Bewegungen hier auch Positionstäusche ergaben. Wichtig für das Spiel der beiden Achter war auch die Rolle von Pietro Iemmello, der als Stürmer nur relativ wenig ins Spiel eingebunden war. Er stand stets sehr hoch, teils sogar bewusst im Abseits, und versuchte die Räume hinter der gegnerischen Abwehr zu attackieren. Im Verbund mit der breiten und zumeist auch sehr hohen Positionierung der Flügelspieler (oder der Außenverteidiger), vergrößerte dies den Zwischenlinienraum und brachte Riverola und Agnelli mehr Raum und Zeit. Diese bewegten sich zwischen den Linien sehr intelligent, versuchten stets anspielbar zu sein und kamen dabei gut aus den Deckungsschatten der Gegner heraus. Aus ihrer Grundposition in den Halbräumen heraus bewegten sie sich relativ viel horizontal zwischen den Linien, um situativ den zunächst bewusst freigelassenen Zehnerraum zu besetzen.

foggia-raumstruktur

Die Abstimmung der Achter mit den Stürmern und den Verteidigern war herausragend. Sie machten sich stets anspielbar und hatten ein sehr gutes Timing in ihren Bewegungen – vor allem Agnellis Spielintelligenz ist hierbei nochmal hervorzuheben. Erhielt Iemmello Zuspiele aus tieferen Zonen, immer wieder Mal auch durch vorrückende Innenverteidiger, konnte er den Ball zumeist sehr gut auf einen der Achter ablegen, die daraufhin wieder ein dem gegnerischen Tor zugerichtetes Sichtfeld hatten.

Foggia spielte vor allem dann stark, wenn die beiden Achter sehr umtriebig agierten und das Mittelfeld im Verbund Flügel oder Halbräume überlud, wodurch das Team besser kombinieren konnte und mehr Dynamik ins Spiel kam. Zuweilen blieben die Positionierungen der Achter zu breit während der Sechser eine recht tiefe Position einnahm, wodurch die Abstände im Ballbesitzspiel zu groß wurden. So war Foggia oft sehr breit aufgestellt und in dieser simplen, symmetrischen Grundstruktur konnte nur überwiegend auf den Flügeln kombiniert werden, wobei die Staffellungen dann zu unverbunden waren.

Gerbo (Nummer 7) lässt sich zuerst etwas zurückfallen, rückt dann aufgrund des leicht andribbelnden Innenverteidigers gut in den Zwischenlinienraum. Großartige Aktion auch von Angelo, der zuerst vorderläuft, dann gut hinterläuft. 

Flügelspiel

Überhaupt fokussierte sich das Ballbesitzspiel von De Zerbis Foggia recht stark auf die Flügel. Im Aufbau wurde viel auf die Flügel ausgewichen, auch wenn dies primär darauf abzielte den Gegner anzulocken und anderswo Räume zu öffnen. Jedoch wurden oft zu simple, lineare Durchbrüche am Flügel fokussiert, wobei hier auch viel mit hinterlaufenden Außenverteidigern gearbeitet wurde. Gerade der italienische Fußball wird generell durch einen recht starken Zentrumsfokus charakterisiert und die meisten Teams sind darauf bedacht, in der Defensive das Zentrum zu versperren. Dabei verteidigen viele Teams auch in der dritten Liga sehr stark, zwar wird oft nur geringintensiv gepresst, die Verschiebemechanismen sind aber gut einstudiert und werden sauber ausgeführt. Das Flügelspiel bringt dagegen zwar strategische Nachteile mit sich, hat aber den Vorteil, dass Raumgewinn einfacher möglich ist, zudem kommt man mit vermeintlich einfachem horizontalem Spiel in gefährlichere Zonen.

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Prinzipiell folgte Foggia dem einfachen Prinzip, ohne Ball das Spiel eng zu machen, mit Ball breit. Die Positionierungen der Flügelspieler variierten aber situativ und gegnerabhängig. In einigen Spielen gaben sowohl die Außenverteidiger als auch die Flügelstürmer Breite, teils war man darauf bedacht auf den Flügeln unterschiedliche Linien zu besetzen. Meistens hatten die Flügelstürmer auf beiden Seiten eine breite Grundposition, wodurch entweder die gegnerische Abwehr auseinander gezogen werden oder Platz für die dribbelstarken Flügelstürmer entstehen sollte. Ballnah rückten die Flügelstürmer in die Halbräume und ließen sich teils auch recht weit zurückfallen, wobei hier Sarna auf rechts recht dominant und zentraler agierte als der linke Flügelspieler, ob nun Sainz-Maza, Floriano oder Chirico, der meistens eine eher simplere Rolle am Flügel hatte.

Zudem rückten auch die Außenverteidiger öfters weit ins Zentrum. Dabei agierten sie nicht wirklich als falsche Außenverteidiger, ballfern rückte aber vor allem Angelo teils recht weit in den Sechserraum, um die Absicherung der Mannschaft im Zentrum zu erhöhen. Der linke Außenverteidiger Di Chiara rückte auch in den linken Halbraum, war dabei aber zumeist etwas zögerlicher als Angelo auf der rechten Seite. Durch die in den Sechserraum eingerückte Positionierung des ballfernen Außenverteidiger ist die Mannschaft gegenüber Konter gegenüber besser abgesichert, da die Mannschaft besser ins Gegenpressing gehen konnte. So wurde vor allem der ballferne Halbraum abgesichert, der durch die ballnahen Positionierungen der Achter, ansonsten sehr offen wäre. Der ballferne Flügelstürmer konnte dennoch breit bleiben, um Platz nach Verlagerungen zu haben und seine Dribbelstärke auszunutzen.

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Positionsstruktur mit guter Zwischenlinienraumbesetzung gegen das 4-5-1 von Cosenza. Angelo positioniert sich ballfern als breitester Spiel etwas außerhalb der gegnerischen Defensivformation. Der rechte Flügelstürmer ist eingerückt, der rechte Achter übernimmt quasi die Position des einrückenden Außenverteidigers im Halbraum. 

Wichtig ist es, anzumerken, dass in der Mannschaft nur bedeutend war, welche Räume besetzt werden, jedoch nicht von wem. So ergaben sich im Mittelfeld teilweise aufgrund der Fluidität Positionswechsel zwischen den Achtern, oder aber einer der Achter, gerne mal der in seinen Bewegungen dominante Agnelli, übernahm die Position des defensiven Mittelfeldspielers. Vor allem gegen mannorientiert verteidigende Gegner, aber auch in manchen Spielen gegen raumdeckende Teams, setzte De Zerbi außerdem auf Positionswechsel am Flügel. Hierbei rotieren Außenverteidiger, Achter und Flügelstürmer im Dreieck und wechselten ihre Positionen. Erneut waren diese Abläufe vor allem auf der rechten Seite verstärkt zu beobachten, wo diese Bewegungen häufig von Agnelli angestoßen wurden, wobei aber auch Sarno eine generell recht dominante Rolle im Team hatte. Der rechte Außenverteidiger Angelo war ein sehr schneller Spieler, spielerisch ganz in Ordnung, aber im Passspiel und in seinem ganz guten Dribbling recht linear angelegt. Durch die Rotationen hatte er oft eine sehr simple Rolle als Breitengeber in der vordersten Angriffslinie. Er wurde durch das seitliche Herauskippen von Agnelli nach vorne geschoben, woraufhin Sarno in den Halbraum einrückte. Dies hatte den Vorteil, dass der dominante und spielstarke Agnelli quasi auf der Position des rechten Außenverteidigers leichter zu Bällen kam und so das Spiel mehr gestalten konnte. Sarno dagegen konnte im rechten Halbraum seine Engendribblings vermehrt zeigen. Teilweise ging die Rotation sogar noch weiter und Angelo landete im rechten Halbraum. Oft tauschten aber auch einfach nur Angelo und Sarno die Position. So konnte der Linksfuß Sarno – einst ein großes Wunderkind des italienischen Fußballs – aus tiefen Zonen auf der rechten Seite das Spiel mit viel Diagonalität ins Zentrum bringen, ob nun mit seiner hohen Qualität im Passspiel oder seinen diagonalen Dribblings, mit denen er aus zunächst statischen Situationen oft viel Dynamik ins Spiel brachte. Auf links kippte Riverola öfters mal heraus, wobei Di Chiara und der Flügelstürmer Sainz-Maza oder Floriano sich in ihren eher simplen Rollen am Flügel wohler fühlten.

Positionswechsel im Spiel gegen Casertana.

Neben der angesprochenen Diagonalität und der interessanten Nutzung der Spielprofile von Agnelli und Sarno hatte diese Rotationen weitere Vorteile. Gegen mannorientierte verteidigende Gegner war es durch diese Bewegungen möglich, Gegenspieler aus ihren Positionen zu ziehen und freie Räume zu schaffen. Zudem stellte es die Gegenspieler konstant vor Entscheidungen: gehe ich mit meinem Gegenspieler mit (wenn ja, wie weit gehe ich mit?), wodurch freie Räume entstehen können, oder bleibe ich im Raum und versuche den Gegner zu übergeben, wobei diese Übergabemomente nicht einfach zu organisieren sind. In beiden Fällen hatte Foggia einen Vorteil, die Gegenspieler konnten jedenfalls nur reagieren und hatten einen Nachteil, der in vielen Situationen ausschlaggebend sein konnte. Gerade das kombinationsstarke Foggia, stets mit gutem Spiel über den Dritten, konnte solche Situationen oft gut ausspielen. Auch gegen verstärkt raumorientiert verteidigende Teams nutze Foggia teilweise solche Positionswechsel. Hierbei erschwert einfach die konstante Bewegung und das ständige Wechseln von Orientierungspunkten das Verteidigen. In der Umsetzung dieser Positionswechsel gab es aber noch Verbesserungspotential, denn nicht immer war das Timing ideal und Spieler reagierten teils zu spät auf die Bewegungen ihrer Teamkollegen.

Für das Flügelspiel der Mannschaft waren die Dribblings der Flügelstürmer und die Bewegungen der Außenverteidiger von großer Bedeutung. Viel wurde mit hinterlaufenden Außenverteidigern gearbeitet, wobei vor allem der schnelle Angelo auf rechts sehr hoch spielte und eine gute Abstimmung mit Sarno hatte. Dadurch sollte man einfachen Raumgewinn auf dem Flügel erreichen und bis zu Grundlinie vorrücken, um von dort horizontal in den Strafraum einzudringen. Jedoch war auch das Vorderlaufen der Außenverteidiger ein häufig genutztes Mittel im Ballbesitzspiel. Durch das Vorderlaufen wurde dem Flügelstürmer mehr Platz geschafft und der Halbraum konnte oft geöffnet, was Sarno gerne nutze um in die Mitte zu ziehen, von wo er mit seinem starken linken Fuß große Gefahr ausstrahlte.

Chancenkreation

Pietro Iemmello war als Sturmspitze eigentlich kaum in das Kombinationsspiel der Mannschaft eingebunden. Er orientierte sich sehr an der gegnerischen Abwehr und attackiert die Räume dahinter. Seine Mitspieler versuchten ihn so aber eher vereinzelt nach Ballgewinnen mit langen Bällen hinter die Abwehr einzusetzen, nahmen ansonsten aber nur eher wenig Risiko in Ballbesitz. Iemmello war so zumeist eher unauffällig, in vielen Spielen war für lange Zeit nichts von ihm zu sehen, bis er schließlich zuschlug. Er bewegte sich nur wenig, war aber sehr intelligent in seinen Bewegungen und überzeugte mit hoher Qualität bei seinen Ablagen. Seine zurückfallenden Bewegungen waren sehr kurz, aber gut getimed, ein wenig horizontales Movement zur Unterstützung der Flügelstürmer streute er ebenfalls intelligent ein. Technisch ist Iemmello etwas unsauber und vor allem sein erster Kontakt ließ oft zu wünschen übrig, seine Aufgaben im Team machte er aber insgesamt sehr gut.

Ein herausragendes Tor. Man beachte wie Iemmello zuerst die Tiefe attackiert, dann geschickt stehenbleibt, für einen Doppelpass mit Sarno.

Zu Saisonende lag Iemmellos Bilanz bei 37 Toren in 42 Spielen, die ihm auch einen Wechsel zu Sassuolo in die Serie A brachten. Dabei stand er zu Beginn der Rückrunde für einige Partie nichtmal im Kader, da ihm De Zerbi eine schlechte Arbeitseinstellung vorwarf, worauf Sarno an Iemmellos Stelle als falsche 9 eingesetzt wurde. Iemmello zeichnete sich neben seinen recht intelligenten Bewegungen und guten Ablagen vor allem durch seine Qualität im Strafraum aus, wo er für die Verteidiger in der dritten italienischen Liga nur schwer zu stoppen. Gefüttert wurde Iemmello Großteils mit Vorlagen, die nach Aktionen über den Flügel entstanden.

Aufgrund der dominanten und geduldigen Spielweise des Teams, wurden die meisten Gegner immer weiter zurückgedrängt, bis sie sich nur noch auf eine erfolgreiche Strafraumverteidigung konzentrierten, so wie es auch bei Spielen der Teams von Pep Guardiola sehr häufig der Fall ist. Aus Angst vor der hohen Pressingresistenz Foggias traute sich kaum ein Team hoch zu pressen (z.B Meister Benevento tat dies aber in einem mannorientierten 3-4-3 recht erfolgreich), der Großteil der Gegner entschied sich dazu, sich eher zurückzuziehen und auf Konter zu spielen. Dadurch sah sich De Zerbi regelmäßig mit sehr tiefstehenden Gegnern konfrontiert, die ihren Strafraum recht gut verteidigten. Das Spiel von Foggia wurde dabei mit zunehmender Höhe des Balles immer simpler und flügellastiger. Dies bedeutet aber keineswegs, dass nur versucht wurde, auf die Grundlinie durchzubrechen, um von der wie Peter Bosz‘ Ajax wild drauflos zu flanken.

Chancenkreation durch flache Pässe in den Strafraum

Foggia ließ den Ball meist sehr ruhig zirkulieren und suchte geduldig nach Löchern in der gegnerischen Defensivformation. Dabei versuchte Foggia bevorzugt mit flachen Pässen oder Dribblings in den Strafraum einzudringen, um zu Abschlüssen mit hoher Torwahrscheinlichkeit zu kommen. Mit ihrer sehr guten Struktur im Ballbesitz wurde oft versucht sich kleinräumig durchzukombinieren und die Schnittstellen der Abwehr zu bespielen. Dabei band sich Iemmello erneut mit guten Ablagen ein und die Achter liefen oft gut in Richtung Strafraum durch, wodurch mit Doppelpässen und Spiel über den Dritten viel hochqualitative Chancen erspielt werden konnten. Das Durchlaufen der Achter ist besonders unangenehm, da sie die Organisation der Defensivformation durcheinander bringen können, etwa weil sie Mittelfeldspieler aus ihrer Position ziehen und somit Räume öffnen, und oft von den auf den Ball fokussierten Verteidigern schlecht wahrgenommen worden.

Unterschätztes Mittel zur Chancenkreation: Chips in den Strafraum. Ebenfalls im Video zu sehen: diagonale Außenverteidiger, vorderlaufende Außenverteidiger, Torwartkette, extreme Dominanz, nicht immer optimale Staffellungen.

Von hoher Bedeutung für die Chancenkreationen waren vor allem die Außenverteidiger und die Flügelstürmer mit ihren verschiedenen bereits beschriebenen einrückenden bzw. vorder- oder hinterlaufenden und auch guten gegengleichen Bewegungen. Bester Assistgeber des Teams war der rechte Flügelstürmer Vincenzo Sarno, der mit sehr hoher Qualität und Übersicht finale Pässe anbrachte und in 43 Spielen auf 18 Vorlagen und 16 Tore erzielte. Sarno kam oft auf dem rechten Flügel an den Ball, wo Angelo ihn zumeist durch gute Bewegungen etwas Raum schaffte. Der sehr diagonal angelegte Sarno dribbelte von außen Richtung Zentrum, spielte dann besonders gerne Lupfer in den Strafraum auf Iemmello, den ballfernen Flügelstürmer oder durchlaufende Achter. Diese Lupfer in den Rücken der Abwehr, die vor allem eben Sarno mit sehr hoher Qualität anbrachte, sind sehr unangenehm zu verteidigen. Für die Verteidiger ist es schwierig Ball und Angreifer gleichzeitig im Auge zu behalten, dazu kommt, dass die Bewegungen dem eigenen Tor zugerichtet sind, also eine rasche Körperdrehung des Verteidigers gefragt ist, während die Bälle im Gegensatz zu flachen Zuspielen kaum abfangbar sind und aufgrund der Nähe zum Tor weniger Reaktionszeit bleibt, wozu oft noch das Überraschungselement kommt, da es für solche Bälle gar keine offenen Schnittstellen benötigt und Verteidiger daher oft unvorbereitet ist.

Foggia baut das Spiel in Ruhe neu auf, Agnellis Abschluss ist genial. Im Video sind einige interessante Details zu beobachten, etwa Gerbo (Nummer 20), der als rechter Außenverteidiger zunächst weit eingerückt ist, dann nach Pass auf den Sechser rückwärts Richtung Flügel sprintet. Vacca befreit sich nach seinem Pass auf den Innenverteidiger geschickt aus dem Deckungsschatten des pressenden Stürmers.

Ziel der Angriffe war es zudem oft am Flügel zur Grundlinie durchzubrechen. Dort sollten die Flügelstürmer mit ihren Dribblings Gefahr ausstrahlen und wenn möglich in den Strafraum eindringen, was aufgrund der für die dritte Liga sehr hohen Qualität der Flügelstürmer ein recht effektives Mittel war. Zudem ist sich De Zerbi anscheinend der Effektivität von Hereingaben in den Strafraum bewusst. Wie bereits erwähnt wurde trotz dieser vor allem im letzten Drittel flügelfokussierten Spielweise relativ wenig geflankt, stattdessen wurde lieber versucht flach und kontrollierten in den Strafraum einzudringen, eben über die genannten Dribblings oder flache Flanken bzw. Cutbacks, welche für die Angreifer leichter zu verwerten sind. Zudem wurde darauf geachtet, wenn möglich aus kürzerer Distanz, also vermehrt von der Strafraumgrenze und nicht von der Outlinie, zu flanken, ob nun flach oder auch hoch, was den Verteidiger weniger Reaktionszeit gibt. Die Umsetzung dieser Strategie war trotz guter Abläufe am Flügel aber nicht immer einfach und im Endeffekt waren dennoch zu viele ungefährliche hohe Hereingaben das häufige Resultat.

Gegenpressing

Diese üblicherweise relativ leicht zu klärenden Flanken landeten zumeist bei Spieler von Foggia, wenn nicht, wurde sofort Druck auf den Gegner ausgeübt, um den Ball zurückzuerobern. Foggia war somit in der vergangenen Saison eines der wenigen italienischen Teams, die ein richtiges Gegenpressing spielten. Dabei war es oft gar nicht notwendig, viel Druck auf den Gegner auszuüben, denn aufgrund der überlegenden Struktur und den sehr tiefstehenden Gegner landeten viele Bälle ohnehin einfach im Positionsnetz von Foggia. Die gute Struktur im Ballbesitzspiel ist wesentlich für ein funktionierendes Gegenpressing, Foggias zuweilen extrem hohe Dominanz tat meistens schon den Großteil der Aufgabe. Oft musste das Gegenpressing bei Foggia auch gar nicht wirklich kollektiv sein, da schon das gute Antizipieren von einzelnen ballnahen Spielern oft zur Rückeroberung des Balles reichte.

Gegenpressing, danach eine Serie von kurzen Pässen, um erneut eine gute Struktur für das Ballbesitzspiel herzustellen. Man merkt: De Zerbi hat von Guardiola vieles gelernt.

Das Gegenpressing von Foggia war eher simpel organisiert und vor allem darauf ausgelegt, möglichst viel Druck auf den ballführenden Spieler, welcher nach Ballgewinn üblicherweise eine recht schlechte Orientierung hat, auszuüben. Zeit zum Orientieren wurde den Gegenspielern nicht gegeben, da er gleich von mehreren Gegenspielern druckvoll angelaufen wurde. Während Angreifer und Mittelfeldspieler meistens in Richtung ballführenden Spieler liefen, ließ sich die Abwehr oft früh zurückfallen, um lange Bälle des Gegners zu antizipieren. Dieses mangelnde kollektive Verhalten führte logischerweise zu großen Räumen, welche die Gegner aufgrund des hohen Drucks aber nur selten bespielen konnten. Entweder gewann Foggia direkt den Ball oder er wurde von der Verteidigung abgefangen. Immer wieder lief das Gegenpressing aber auch ins Leere, woraufhin die angesprochenen freien Räume hinter dem Mittelfeld zum Problem wurden, und Foggia fing sich in der vergangenen Saison dadurch doch einige Gegentore ein, womöglich ist dies sogar der häufigste Entstehungsgrund für Gegentore.

Offensivpressing

Damit Foggia mit ihrem organisierten Ballbesitzspiel angreifen kann, soll der Ball natürlich möglichst schnell vom Gegner erobert werden. Neben dem Gegenpressing setzte De Zerbi daher auch auf ein aggressives Offensivpressing.

Foggia verteidigte grundsätzlich in einer 4-1-4-1-Defensivformation, wobei sich dies beim Pressing in hohen Zonen auch oft zu einem 4-3-3 verformte. In hohen Zonen wurden zudem noch vereinzelt Mannorientierungen verwendet, welche die Pressingstaffellungen verändern konnten.

Das Offensivpressing lebte nicht unbedingt von der guten Organisation, sondern kam eher über seine vor allem für italienische Verhältnisse sehr hohe Intensität. Iemmello versuchte sich zwischen den Innenverteidigern zu positionieren und das Spiel auf eine Seite zu lenken, dahinter folgte das 4er-Mittelfeld mit herausrückenden Flügelspielern, welches sich mit recht guter horizontaler Kompaktheit bewegte. Während die horizontale Kompaktheit ganz gut war, mangelte es aber häufig an vertikaler Kompaktheit. Wie bereits im Gegenpressing agierte die Mannschaft nicht ganz als Einheit und vor allem zwischen Abwehr und Mittelfeld waren die Abstände zu groß. Die Abwehr ließ sich oft früh zurückfallen, während die Mittelfeldspieler und Angreifer vorne pressten. Diese mangelnde Kompaktheit muss nicht unbedingt schlecht sein, da viele Gegner angesichts des hohen Pressings zu frühen langen Bällen griffen, jedoch verlor Foggia so auch viele zweite Bälle.

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Offensivpressing von Foggia im 4-1-4-1.

Beim Verteidigen in tieferen Zonen positionierte sich der defensive Mittelfeldspieler sehr nah an den Innenverteidiger, wodurch etwas die Bindung zu den Mittelfeldspielern vor ihm verloren ging. Eine Schwachstelle des Teams war das Verteidigungsverhalten in der Viererkette. Die Spieler antizipierten gut, allerdings werden vor allem antizipierende Rausrückbewegungen schlecht abgesichert. Zudem verteidigte die Abwehr recht mannorientiert, wodurch sich für die Gegner leicht Räume in der Viererkette ergaben.

Kontern? Können sie auch.

Insgesamt gab es im Spiel ohne Ball noch ordentlich Verbesserungspotential für das Team von Roberto De Zerbi. Diese Schwächen kosteten dem Team auch den Aufstieg in die Serie B. Zu oft musste man frühen Rückständen hinterherrennen, welche durch relativ einfache Gegentore entstanden sind. Außerdem hatte die Mannschaft zu Beginn der Rückrunde einen kleinen Durchhänger, während Meister Benevento (derzeit nach sieben Spieltagen noch ungeschlagen auf Platz drei der Serie B) konstant punktete. Foggia musste als zweitplatziertes Team ins Play-Off, wo zuerst Alessandria und Lecce souverän ausgeschaltet wurden, bis man schließlich im Finale an das von Gennaro Gattuso trainierte Pisa scheiterte. Ausschlaggebend dabei waren zwei haarsträubende individuelle Fehler im Hinspiel, die zu einer früher Führung des konterstarken Teams aus Pisa führten (wobei hier auch Gattusos gute Anpassungen im Spiel noch erwähnt werden müssen).

Im Ballbesitzspiel war Foggia dagegen äußerst beeindruckend. In zwei Jahren entwickelte Roberto De Zerbi mit dem Team ein außergewöhnliches Positionsspiel, wie man es nur selten zu sehen bekommt. Die Mannschaft zeigte interessante taktische Mittel und vor allem eine großartige Abstimmung zwischen den Spielern, welche sich immer wie eine große Einheit bewegten und ihre Positionierungen stets gut anpassten, was zur starken Verbindungen führte und die große Kombinationsstärke ermöglichte. Foggia dominierte quasi jeden Gegner in der Liga und konnte diese Dominanz auch mittels guter Chancenkreationen auch in Tore umwandeln, gewann zudem auch die Coppa Italia der Lega Pro (im Finale mit einem Gesamtscore von 8:5 gegen Cittadella, derzeitige Tabellenführer der Serie B).

Roberto De Zerbi zeigte auf beeindruckende Art und Weise, welch hervorragender Fußballer sich selbst bei einem Drittligisten umsetzen lässt. Der Aufstieg wäre verdient gewesen, wurde aber knapp verpasst. Im Sommer verließen daraufhin mehrere wichtige Spieler den Verein, woraufhin es in Ermangelung gewisser Neuzugänge zu internen Streitigkeiten kam, die De Zerbi kurz vor Saisonbeginn völlig überraschend den Job kosteten. Lange Zeit war De Zerbi jedoch nicht vereinslos, den nach nur zweiten Spieltagen übernahm er den Trainerposten bei Palermo, wo er auf Davide Ballardini folgte und obwohl dieser eine ganz andere Spielphilosphie verfolgte, zeigt die Mannschaft schon sehr vielversprechende Ansätze.

Über Alex Belinger

War als Kind zu oft in Italien auf Urlaub und mag jetzt italienischen Fußball.
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